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„House of the Dragon“ Staffel 2, Folge 1: König Drachenschwanz

Tom Glynn-Carney als König Aegon
Tom Glynn-Carney als König AegonHBO/Sky
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Episodenblog. In der ersten Folge der zweiten Staffel beweist das „Game of Thrones“-Prequel erneut, dass hier fässerweise Filmblut verbraucht wird. Und es gibt einen wirklich schlechten Plan – der überraschenderweise aufgeht. Gewissermaßen.

„House of the Dragon“, Staffel 2, Folge 1: „A Son for a Son“

Disclaimer: Ich habe ab Staffel drei „Game of Thrones“ gebloggt, aber bei „House of Dragon“ habe ich bisher ausgelassen. Zu enttäuscht war ich von den ersten Folgen. Inzwischen habe ich mich angenähert, und habe wieder Lust einzutauchen in die Welt von Westeros mit seinen Drachen und Weißhaarperücken. Auf zur Recap!

Achtung: Spoiler!

Sie haben einen neuen Vorspann gemacht: Jetzt fließt nicht mehr literweise Blut zu den Klängen des „Game of Thrones“-Intros (immer noch enttäuschend, dass es keine eigene Melodie für diese Serie gibt). Sondern es werden mit feiner Nadel Figuren, Pflanzen, Tiere und Orte gestickt. Auf hellen Stoff, der sich immer mehr rot färbt. Blut. Wie könnte es anders sein, diese Serie handelt immerhin vom „Krieg der Drachen“ – zwischen den zwei Erbenfamilien von König Viserys. Das Sticken passt besser als die Schüttorgie zu den zentralen Figuren, schließlich gilt das Nadelwerk als weibliche Kunstform. Es sind zwei Frauen, die sich in der Serie und auf den Werbeplakaten gegenüberstehen: Rhaenyra Targaryen, designierte Erbin ihres Vaters, König Viserys, und dessen Witwe Alicent Hightower, die in Abwesenheit ihrer Stieftochter ihren Sohn auf den Thron gesetzt hat.

Es geht nach Winterfell – und an die Wall

Gut eineinhalb Jahre nach Staffel eins brauche ich ein bisschen, mich wieder zurechtzufinden. Im Finale starben damals ein Prinz und sein Drache im Maul eines anderen Drachen. Der Tod von Rhaenyras Sohn Lucerys Velaryon durch den einäugigen Aemond und seinen zerzausten XL-Drachen wird Folgen haben, aber Staffel zwei beginnt mit einem nostalgischen, regelrecht versöhnlichen Ausflug in den Norden. Es geht nach Winterfell und weiter an die Wall, wo Lord Cregan Stark seine Pflicht leistet. In typischer Stark-Manier versichert er Jacaerys Velaryon, Rhaenyras ältestem Sohn und ihrem Gesandten, seine Treue (sie sind einfach die Treuesten, die Starks) und verspricht ihm auch 2000 Soldaten mit angegrauten Bärten, die ohnehin schon zu lange an der Wall dienten (was damals scheinbar nicht lebenslang bedeutet hat).

Erst dann kehren wir zurück nach Dragonstone, wo Rhaenyras Ehemann und Onkel Daemon auf Rache sinnt für den Tod seines Stiefsohns und Ungeduld zeigt mit seiner Frau und Königin. Ihre Trauer, der Fund der sterblichen Überreste des Drachens und der Kleidung ihres Sohnes, die Feuerbestattung für das Kind sind die berührendsten Momente der Folge (Emma D‘Arcy ist fantastisch als Rhaenyra; insgesamt gab es zu wenig von ihr in dieser Episode). Dass die beiden Ehepartner auf einer Wellenlänge sind, zeigt sich bald – Rhaenyra will tatsächlich Rache, die Daemon mehr als bereitwillig ausführt. Und dabei total dilettantisch ist.

Königin Rhaenyra und zwei ihrer Söhne, Jacaerys und Joffrey (Harry Collett, Emma D’Arcy und Oscar Eskinazi)
Königin Rhaenyra und zwei ihrer Söhne, Jacaerys und Joffrey (Harry Collett, Emma D’Arcy und Oscar Eskinazi)HBO/Sky

In King‘s Landing leben die nervigsten Figuren

Aber ehe es dazu kommt, werden Fäden in King‘s Landing gezogen – traditionell der Schauplatz mit den nervigsten Figuren. Diesmal on top: Der junge König Aegon, unvernünftig, ungeduldig und unzufrieden mit seinem neuen Beinamen – Magnanimous, der Edelmütige (aber auch Hochherzige). Er würde lieber der Großzügige sein, ja, sogar der „Drachenschwanz“ (dragon‘s cock im Original). Der (metaphorisch) Kurzsichtige würde auch passen. Der Bornierte. Für die Nachwelt wird er einen anderen Beinamen bekommen, Aegon the Usurper, der Thronräuber.

Knapp dahinter in der Nervig-Liste: Strippenzieher Larys Strong. Cersei Lannister hätte kurzen Prozess mit ihm gemacht, Alicent duldet, dass er ihr gesamtes Personal (durch seine Leute) austauscht. Und lässt ihren Grant lieber an ihrer Schulter aus, die sie in der Badewanne unablässig schrubbt. Auf sexueller Ebene erlebt die Königinmutter so etwas wie ihren zweiten Frühling mit dem feschen, aber wegen seines Zölibatbruchs leidenden King‘s Guard Criston Cole (Achtung, männlicher Selbsthass ist nicht zu unterschätzen). Aber sie tut sich schwer damit, ihre Machtansprüche durchzusetzen. Ihren erwachsenen Söhnen gegenüber, und ihr Vater Otto Hightower, der sie unterstützen könnte, hört nicht auf damit, sie belehren zu wollen. Über Mansplaining hätte Alicent viel zu erzählen.

Daemon bindet sich nicht einmal die Haare zusammen

Nummer drei auf der Nervig-Liste: Mysaria, „The White Worm“, Daemons Ex, die überraschend vor Dragonstone auftaucht. Wer sich – wie ich – nicht mehr daran erinnert: Zuletzt hat sie den sturzbetrunkenen Aegon entführen und verstecken lassen, um von Königsberater Otto Hightower das Ende für Kinderausbeutung und Prostitution im Armenviertel Flea Bottom zu erzwingen. Die Geschichte ging nicht nach ihren Wünschen aus.

Die Motive der Neo-Spionin waren immer unangenehm unklar, daran ändern auch die sozialistischen Reden nichts, die sie ihrem Verflossenen Daemon hält. Im Tausch gegen ihre Freiheit verrät sie ihm den Schlüssel zu seinem späteren Plan, der wirklich undurchdacht ist: Er spaziert schlecht getarnt nach King‘s Landing, hat sich nicht einmal die Haare zusammengebunden. Dort besticht er einen der Hightower-Familie feindlich gesinnten Wachen und den Rattenfänger, der schon die ganze Folge lang durchs Bild huscht. Sie sollen Prinz Aemond für ihn töten.

In welchem Bettchen liegt der Bub?

„A Son for a Son“, sagt er, was der Folge auch den Namen gibt, und die beiden Handlanger nehmen das wörtlich. Ihre nächtliche Tour durch den Königspalast provoziert Gänsehaut, und findet ihren Höhepunkt/Tiefpunkt im Zimmer der Königin Helaena (heimliche Favoritin; checkt wirklich niemand ihre hellseherischen Kräfte?), wo auch ihre und Aegons Kinder schlafen. Wenn schon nicht Auge um Auge, dann also Sohn um Sohn. Immerhin sieht man den Mord am kindlichen Thronfolger, Jaeherys, nicht. Zu hören, wie der Sechsjährige den Kopf verliert, ist mehr als genug. Wie grausam, die Mutter davor noch zu fragen, in welchem Bettchen der Bub liegt.

Haelenas unmögliche Entscheidung und ihre Reaktion haben mich mehr berührt als der Tod des Kindes. Ich war einigermaßen froh, dass wirklich der Bub starb, nicht seine Zwillingsschwester Jaehera. Ist das ein Zeichen meiner Abgestumpftheit nach vielen Jahren in Westeros? Liegt es daran, dass das wenige, was wir von diesem Kind sahen, darauf schließen ließ, dass er ein verwöhnter Bengel ist und schlechter König werden würde? Oder ist meine fehlende Empathie Ausdruck der fehlenden Bindung zu diesen Figuren, ein generelles Problem mit der Serie, die sich vor allem mit Brutalität hervortut?

Um wen würde es mir wirklich leid tun, wenn er oder sie den Bildschirmtod stirbt? Um wen würde ich trauern wie um den Plot von „Game of Thrones“, Staffel acht? Wie ich die Serie kenne, werde ich eher früher als später die Gelegenheit bekommen, das herauszufinden.

Zitate der Woche:

Cregan Stark zu Jacaerys Velaryon: „Do you think my ancestors built a 700 foot wall of ice to keep out snow and savages?“
Jacaerys: „What does it keep out?“
Cregan: „Death.“

Daemon zu Rhaenys Targaryen: „Fly with me. It‘s a command.“
Rhaenys: „Would if you were the King.“

Random Beobachtungen:

Die neue Folge „A Son For a Son“ ist gewissermaßen ein Spiegel des Finales von Staffel eins „The Black Queen“ mit jeweils einem Kindstod am Ende.

Die Drachen fliegen nicht über die Wall? Kann das bitte jemand Daenerys Targaryen ausrichten?

Der genesene Corlys Velaryon inspiziert ein Schiff und dankt seinem nicht wahnsinnig freundlichen Retter Addam oder Alyn of Hull. Beides dürfte Bedeutung bekommen. Oder auch nicht. Wer weiß.

Schön, dass sich Ser Arryk, der Zwillingsbruder von Ser Erryk (ernsthaft, welche Zwillingseltern würden ihre Kinder so nennen?) Zeit bekommt, sich gegenüber Daemon zu rechtfertigen – auch wenn dessen Reaktion gewohnt verständnislos ist.

Für wen Alicent Kerzen anzündet? Alerie Florent, ihre Mutter, Viserys Targaryen, ihren Mann, und – nach Zögern – Lucerys Velaryon, Rhaenyras Sohn.

„House of the Dragon“ ist auf Sky linear und im Streaming zu sehen

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