Architektur und Design

Ein Haus wie ein Dampfer: die Badesiedlung in Greifenstein

Zur Straße hin eckig, zum Garten hin rund, längs wie ein Schiff: So überspielt dieses Haus sein Volumen mit südländisch-mediterraner Lebensfreude
Zur Straße hin eckig, zum Garten hin rund, längs wie ein Schiff: So überspielt dieses Haus sein Volumen mit südländisch-mediterraner LebensfreudeChristoph Panzer
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Die ersten Häuschen der Strandsiedlung in Greifenstein waren wirklich nur zum Baden da – heute darf und will man hier mit allem Komfort leben. Wie aus einer „Piratenhaus“ genannten Hütte ein ganzjährig bewohnbares Domizil wurde.

Wasser ist ein konstituierendes Element der Badesiedlung Greifenstein. Eine halbe Stunde von Wien rückt die Stadt hier schlagartig in die Ferne und es beginnt eine andere Zeitrechnung. Wasser in der Luft, Grillen zirpen, es ist grün und frisch. Die Badesiedlung liegt an einem Altarm der Donau, der Bau des Kraftwerks Greifenstein zähmte den Fluss, trotzdem kommt es immer wieder zu Überschwemmungen. Deshalb stehen alle der rund 700 Häuser hier auf Stelzen, deren Höhe sich am Jahrhunderthochwasser 2013 misst: 170, 49 cm über Adria.

Das Hochwasser eint alle, die Kontrolle des Wasserstands der Donau gehört zum Alltag, er findet sich auch auf der Website der Gemeinde. Regelmäßig werden die Häuser geflutet. „Wir konnten direkt vom Balkon aus in unser Schlauchboot steigen“, erinnert sich Andreas Etzelstorfer, der das Büro Backraum Architektur betreibt und selbst in Greifenstein wohnt. Er erweitert sein Haus gerade um einen schlanken, zweigeschoßhoch verglasten, spitzen Zubau aus rotem Holz.

Anfangs nicht mehr als ein Umkleideraum

Bis auf die vorgeschriebenen Stelzen, die den spezifischen Charme dieser Siedlung am Wasser ausmachen, ist jedes Haus ein Unikat. Viele Geschmacksrichtungen, Farben und Formen finden sich, der gehobene Komfortanspruch der zunehmend sesshaften Siedlergemeinschaft ist an der Architektur ablesbar. Die ersten Badehütten wurden Ende der 1930er-Jahre errichtet. Anfangs nicht viel mehr als ein Umkleideraum, kamen später Kochzellen dazu, die zu Küchen wurden, kleine Wohn-, Badezimmer, Hoch- und Stockbetten folgten.

In erster Reihe am Wasser hat sich am Treppelweg ein recht geschlossenes Ensemble alter, dunkelbrauner Holzhäuser auf Stelzen erhalten. Der dezente, dezidiert zeitgenössische Zubau von Architekt Andreas Fellerer ging als vorbildlich sensibel in die Annalen der Architekturpublizistik ein. Unweit davon führt ein massiver Neubau ebenso exemplarisch vor, wie leicht die ausgewogen stimmungsvolle Balance, die diese Atmosphäre bedingt, zu stören ist.

Die Stelzen sind vorgeschrieben, machen aber den spezifischen Charme der Siedlung am Wasser aus.
Die Stelzen sind vorgeschrieben, machen aber den spezifischen Charme der Siedlung am Wasser aus.Christoph Panzer

Die Gebäudehülle wurde erhalten

Wer neu baut, nutzt fast immer aus, was die Bauordnung hergibt. Immerhin 80 m² Wohnfläche sind erlaubt, dazu ein Raum mit 50 Prozent der bebauten Fläche zwischen den Stützen, sofern er zwei Öffnungen aufweist, die das Wasser durchfließen lassen. Die Traufhöhe darf 7,50 m betragen. Baugrund in Greifenstein ist hoch begehrt, auf der Suche nach einem Haus bestückte der Bauherr alle greifbaren Postkästen mit Flugzetteln. Die Übung gelang: 2018 erwarb er ein kleines, eingeschoßiges Holzhaus auf Stelzen mit dunkelbrauner, horizontaler Lärchenlattung, weißen Fensterrahmen und Fensterläden auf einer etwa 15 m breiten Parzelle, die sich rund 43 m nordwärts zieht.

Im Süden die Straße, dahinter das Haus, elf Stützen im Erdgeschoß, auf dem in 2,50 m Höhe die Wohnebene aufliegt. Etwa sieben Meter breit, acht Meter lang, im nordöstlichen Eck führt eine dreiläufige Treppe mit Viertelpodest zum Eingang im gartenseitig vorstehenden Erker. Damals war die Bauherrin mit dem zweiten Kind schwanger, das Haus war höchst desolat. Man wollte es erhalten und auch im Frühjahr und Herbst nutzen, es musste saniert und neu gedämmt werden. 

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