Fußball-EM

Ilkay Gündogan, Deutschlands stiller Kapitän

Ilkay Gündogan ist Deutschlands Kapitän.
Ilkay Gündogan ist Deutschlands Kapitän.Reuters / Matthew Childs
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Auftaktspiel. Gegen Schottland startet Deutschland heute in die EM, die Aufstellung gilt als Staatsgeheimnis. Das Vertrauen trägt Ilkay Gündogan.

München. Die Zeit der Reden und Prognosen läuft heute ab. Deutschland will sich als Gastgeber beweisen und die erlittenen sportlichen Wunden vergessen lassen. Ob WM in Sotschi oder Katar, nach der Vorrunde war Schluss. Bei der EM 2021 war man England im Achtelfinale (0:2) unterlegen, der dreimalige Europameister (zuletzt 1996) und viermalige Weltmeister (letzter Titel 2014) ist seit einem Jahrzehnt titellos. Für den erfolgsverwöhnten deutschen Fußball ist das eine Pein.

Die Aussicht, das bei der Heim-EM zu ändern, ist vor dem Duell mit Schottland (21 Uhr, live ServusTV, ZDF) gegeben. Auch wird in Fachkreisen kaum angezweifelt, dass der Aufstieg – in Gruppe A warten noch Ungarn und Schweiz – misslingt. Wie aber wird Julian Nagelsmann nach der durchwachsenen Vorbereitung mit vielen Höhen und Tiefen spielen lassen?

Nur im Klub ein Star

Mit dem ersten Spiel tritt auch eine neue Regel in Kraft, sie reicht dem Kapitän jeder Mannschaft noch mehr Bedeutung. Nur noch er darf mit dem Referee reden, allen andern blüht bei Wortspenden umgehend die gelbe Karte. Ilkay Gündogan nahm‘s gelassen, der Barcelona-Star gilt ohnehin als still und Musterprofi. Im reifen Alter, er ist 33, wird er die DFB-Elf erstmals als Kapitän in ein Turnier fühlen.

77 Mal ist Gündogan seit seinem Debüt am 11. Oktober 2011 (3:1 gegen Belgien) für Deutschland aufgelaufen. Und doch sind kaum Länderspiele erinnerlich, die er prägte. Geschweige denn Turniere. Mit der Diskrepanz zwischen den Erfolgen und dem Star-Status als Vereinsspieler und der Mitläufer-Rolle im Teamtrikot musste sich Gündogan schon öfter plagen. Ein Eklat ist unvergessen: das Foto vor der WM 2018 mit Türkei-Machthaber Recep Tayyip Erdoğan.

Die DFB-Karriere meinte es bislang nicht gut mit ihm. Der brillante Spieler fehlte meist, wenn es gut lief. Wie 2014, als man den Titel gewann. Er war immer dabei, wenn es schiefging. „Seit 2018 hatten wir jetzt drei Turniere, wo wir richtig schlecht waren“, sagt er im team-Camp bei Herzogenaurach. Und bei seiner Fußball-Vita werde der Unterschied zwischen Vereins- und Nationalmannschaftserfolgen „einfach ein bisschen klarer“.

„Zauberer“ inspirieren

Gündogan ist keiner, der brüllt, Gegner weggrätscht oder sich vor Referees aufplustert. Er ist ein leiser Kapitän, der durch Leistung glänzen will. „Einen kleinen Vertrauensvorschuss für das Turnier“, würde er sich wünschen. Das DFB-Comeback von Toni Kroos hat dazu geführt, dass Nagelsmann ihn aus dem Mittelfeldzentrum von der Sechs weiter auf die Zehner-Position verschob, zwischen die Jungstars Jamal Musiala und Florian Wirtz. Gündogan soll die „Zauberer“ inspirieren. Und im Hintergrund lauert Leroy Sané. Aber, nur wenn sich Kroos und Gündogan ergänzen, ist alles gut.

Nagelsmann weiß, dass er einen Ordnungshüter braucht, der die Jüngeren lenkt, anleitet. Deutschland hofft, dass Gündogan der Richtige ist. Ob der Könner das auch glaubt? (dpa/fin)

Deutschland: Neuer; Kimmich, Rüdiger, Tah, Mittelstädt; Andrich, Kroos; Gündogan; Musiala, Wirtz; Havertz. Schottland: Gunn; Porteous, Hendry, Tierney; Ralston, Robertson; McGinn, McTominay, McGregor, Christie; Adams.

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