Serie

„House of the Dragon“: Auge um Auge, Sohn um Sohn

Die trauernde Königin Rhaenyra, fantastisch gespielt von Emma D’Arcy.
Die trauernde Königin Rhaenyra, fantastisch gespielt von Emma D’Arcy.Sky
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Die Fantasy-Serie auf Sky macht mit Staffel zwei dort weiter, wo sie aufgehört hat. Ist „House of the Dragon“ bloß etwas für „Game of Thrones“-Fans? Sie könnte mehr werden.

Diese Düsternis! Burgen aus dunklem Stein, darüber dunkelgrau bewölkte Himmel. Drinnen: rußschwarze Wände, in denen der Schein von Fackeln und Kerzen nie bis in die Ecken reicht. „House of the Dragon“ ist die vielleicht düsterste Serie derzeit, optisch wie inhaltlich. Staffel eins endete mit dem Tod eines Drachens und eines Kindes, dem Sohn von Königin Rhaenyra. Staffel zwei, die nun nach rund eineinhalb Jahren Pause startet, schließt nahtlos an. Auf Rache ist Prinz Daemon (Matt Smith) aus, der Stiefvater des toten Buben. „A Son for a Son“ heißt die Folge auch bedeutungsschwanger. Nicht Auge um Auge (das wurde in Staffel eins verwehrt), sondern Sohn um Sohn – Prinzenleben um Prinzenleben. Und so wird er durch diesen archaischen Gerechtigkeitsbegriff vollends entfacht, der „Krieg zwischen den Drachen“, der in dieser Fantasy-Welt euphemistisch Tanz genannt wird.

Getanzt wird er von den zwei Erbenfamilien des verstorbenen Königs Viserys: jener um Rhaenyra (Emma D’Arcy), seiner Tochter aus erster Ehe, designierte Nachfolgerin und Ehefrau von Prinz Daemon, und der Familie um Viserys’ zweite Frau Alicent Hightower (Olivia Cooke). Statt ihrer Stieftochter hat sie ihren Sohn Aegon (Tom Glynn-Carney) auf den Thron gesetzt. Thronräuber wird er später genannt werden. Noch hat er den Beinamen Magnanimous, der Edelmütige. Das ist ihm nicht cool genug. Vernunft ist seine Sache nicht, Geduld ebenso wenig. Bald werde er, hofft seine Mutter Alicent, des Regierens müde werden und es ihr und ihrem Vater Otto Hightower (Rhys Ifans) überlassen. Doch der Krieg erlaubt kein Warten.

Eine Figur stirbt. Schon wieder

Ehe Rhaenyra in den Kampf zieht, muss sie um ihr Kind trauern – die emotionalste Passage der Folge. Diese Figur, wunderbar vielschichtig dargestellt von Emma D’Arcy, ist wie ihr Gegenüber Alicent eine der Stärken dieser Serie. Doch beim Plot wiederholt Staffel zwei Fehler, die man überwunden hoffte: In seinen Rachegelüsten setzt Daemon auf einen dilettantischen Plan, der wider jede Wahrscheinlichkeit aufgeht, nur nicht ganz so wie intendiert.

So stirbt auch in dieser Folge eine Figur – für den Serientod ist „House of the Dragon“ wie sein Vorgänger „Game of Thrones“ bekannt. Große Emotionen weckt das in der Zuseherin nicht (mehr). Zu oft wurde dieser Schockeffekt inzwischen schon angewendet, auch in anderen Serien.

Für tiefere parasoziale Bindungen bleibt außerdem wenig Zeit, jedenfalls bei den Nebenfiguren. Die Serie prescht meist durch die Handlung. Ihr fehlen die kleinen Abstecher zu Nebenschauplätzen, die ihren Vorgänger reich gemacht hat, an Figuren und an Spannungsbögen. „House of the Dragon“ zehrt von seinem Vorgänger, weckt bewusst nostalgische Gefühle. In der neuen Folge kehrt man zurück zu einem Schauplatz, den man von früher gut kennt – der Burg Winterfell und der gigantischen Wand aus Eis und Schnee. „Glaubst du wirklich, meine Vorfahren haben eine 200 Meter hohe Wand aus Eis gebaut, um Schnee und Wilde draußen zu halten?“, kommentiert ein Vorfahre von Jon Snow einen abwertenden Kommentar über das Bauwerk. Ein Zuckerl für Fans, wird die Wand in dieser Geschichte doch keine bedeutende Rolle spielen.

Sie begeht nicht den „Star Wars“-Fehler

Ist „House of the Dragon“ also bloß eine Zugabe für immer hungrige Fans aus dem Fantasy-Genre, die auf Dauer im Schatten ihres Vorgängers stehen wird? Sie könnte sich zu mehr entwickeln. Im Gegensatz zu anderen Franchises wie „Star Wars“ oder den Marvel-Superhelden hält sich der Sender HBO an das bewährte Rezept der Tante Jolesch: Lieber zu wenig als zu viel. So beugt man der Übersättigung vor, mit der andere Unterhaltungskonzerne gerade zu kämpfen haben.

Dass sie sich auf einen Handlungsstrang konzentriert – ein Familienkonflikt, in dem zwei Frauen im Zentrum stehen –, könnte ihr zum Vorteil gereichen. Die Geschichte franst nicht so aus, und mit ein wenig Fantasie könnte man die Serie gar als Parabel auf ein Kernproblem des Patriarchats deuten: Statt eine fähige Frau auf den Thron zu setzen, krönt man einen schwachen Mann und läutet damit den Niedergang eines ganzen Königshauses ein.

„House of the Dragon“, auf Sky

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