Mein Freitag

Das Unkraut in den Fugen des Lebens

Besonders böses Unkraut: Die aus Amerika eingeschleppte Ambrosia verbreitet sich rasend schnell und ist hochallergen.
Besonders böses Unkraut: Die aus Amerika eingeschleppte Ambrosia verbreitet sich rasend schnell und ist hochallergen. APA / AFP / Jeff Pachoud
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Wie immer siegt die Gier und lässt den Kaffee überschwappen.

Wenn man sich hauptberuflich mit Nachrichten beschäftigt, ist es nach dem nicht versiegenden Strom an beunruhigenden Meldungen manchmal notwendig, sich banalen Tätigkeiten hinzugeben, etwa dem Zupfen von Unkraut. Immer fällt mir da eine Anekdote von früher ein, als jemand zu einem Schwarm sagte: „Du bist meine Rose“ und zur Antwort bekam: „Ich bin das Unkraut in den Fugen deines Lebens“. Ein Satz für einen Roman, der nie geschrieben wurde, und aus der Liaison wurde überraschenderweise auch nichts. Nun sind die Fugen wieder sauber.

Sauber gibt einem das Gefühl von Kontrolle, ich kann Putzfimmel gut verstehen, auch wenn er mich noch nie befallen hat, aber vielleicht kommt das noch. Bei blütenweißen Blusen aber werde ich schwach, sie sind der Inbegriff davon, etwas im Griff zu haben, aber nicht beschwert zu sein. Richtig angezogen zu sein, egal, wofür. Aber weiße Blusen haben leider viele Feinde, Kernöl, rote Rüben, Spaghetti bolognese und Kaffee. Man muss weise wählen, was man zu sich nimmt, am besten gar nichts. Sie ziehen Flecken an wie Licht die Motten.

Aber wie immer, die Gier siegt, und mit der besten weißen Bluse bewaffnet für einen Termin, der wichtig ist, muss es dann doch noch ein Kaffee sein, noch dazu zum Mitnehmen. Fehler, sagt das Hirn, großer Fehler, aber da bremst die Straßenbahn schon, und die Bluse ist angepatzt, richtiggehend besudelt, die Oberflächenausbreitung von Flüssigkeit bleibt ein Phänomen.

Doch die Frau, die ich dann treffe, ist humorvoll und klug, und sagt, wenn neun gute Dinge passieren und eine schlechte, ist es immer die schlechte, die dominiert, das verdanken wir der Evolution. Wären wir nicht auf Negatives konditioniert und ängstlich, hätten wir es gar nicht so weit geschafft. Jetzt, der Steinzeit entronnen, können wir gegensteuern und uns davon nicht fertigmachen lassen. Am allerwenigsten von ein paar Flecken auf der Bluse. Und auch nicht von den Nachrichten rundherum.

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