Journalistenpreise

„Da, wo die größte Aufregung herrscht, da sind die Klicks“

Große Auszeichnung für Hubert Patterer in der Hofburg.
Große Auszeichnung für Hubert Patterer in der Hofburg.Caio Kauffmann
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„Kleine Zeitung“-Chefredakteur Hubert Patterer erhielt den Kurt-Vorhofer-Preis. Bundespräsident Alexander van der Bellen warnte vor einem „medialen Teufelskreis“. „Presse“-Außenpolitikredakteur Wieland Schneider wurde bei der Verleihung des Dr.-Karl-Renner-Preises gewürdigt.

„Altenehrung“, meinte Hubert Patterer, so heiße ein Roman seines früheren Germanistik-Professors Alois Brandstetter. „Und Altenehrung heißt auch eine sehr nette Veranstaltung in meinem Heimatdorf im südlichsten Tal des Landes. Einmal im Jahr werden dort die Altvorderen des Dorfes ins Gasthaus eingeladen, es gibt ein Gratisschnitzel, ein kleines Bier und eine Urkunde vom Bürgermeister, dann werden die Dekorierten wieder abgeholt.“

Es war nicht das Kärntner Dorfgasthaus, sondern die Wiener Hofburg, in die der Chefredakteur der „Kleinen Zeitung“ am Donnerstag geladen war, und vergeben wird der Preis, den er erhielt, auch nicht fürs Alter: Der Kurt-Vorhofer-Preis wird von der Journalistengewerkschaft in Kooperation mit der „Kleinen Zeitung“ und dem Verbund für Politikjournalismus verliehen. „Seine Beiträge fußen auf seiner standfesten, unabhängigen und kritischen Haltung gegenüber Machthabern aller Art, bleiben aber – und das zeichnet ihn aus – immer auf dem Pfad der Konstruktivität“, befand die Jury über Patterer, der seit 2006 an der Spitze der „Kleinen Zeitung“ steht.

Bemühen um Differenzierung

Er fühle sich, bedankte sich Patterer, durch diese „Würdigung des Bemühens um Differenzierung gut verstanden, auch weil es eine Tugend der Zeitung ist, immer war, eine Vorhofer-Tugend, die heute einen schweren Stand hat in Zeiten der großen Spaltungen, wo es nicht mehr um Verständigung geht, um das Herausschälen des eigenen Urteils zwischen zwei Polen, sondern vorrangig um Zugehörigkeit.“ Für die Rolle der Medien in Flüchtlingskrise und Pandemie fand Patterer dabei durchaus kritische Worte.

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm konkreten Bezug. Wenn ein Politiker in einem Fernsehinterview so tue, als wäre ihm eine skandalöse Frage gestellt worden, um damit künstlich für Schlagzeilen zu sorgen, sei das ebenso „fatal“, wie Berichterstattung auf etwas aufzubauen, das nur einem kleinen Kreis zugänglich sei und von der Öffentlichkeit nicht überprüft werden könne, sagte er vor dem Hintergrund eines abgebrochenen TV-Gesprächs mit FPÖ-Europaspitzenkandidat Harald Vilimsky im „Report“ oder der Causa Schilling.

Auch warnte er vor einem „medialen Teufelskreis“ aus Zeit- und Quotendruck, Reizüberflutung und mächtigen Digitalkonzernen. Die Folge sei eine „Spielklasse, in die wir alle nicht gehören“ und die nach der Logik der sozialen Medien funktioniere: „Da, wo die größte Aufregung herrscht, wo der größte Skandal ist, da sind die Klicks, da muss ich hin.“

Föderl-Schmid beim Festakt

Zur Ehrung in die Hofburg gekommen waren u. a. die Styria-Aufsichtsräte Friedrich Santner und Othmar Ederer und die Styria-Vorstände Markus Mair und Herwig Langanger. Auch eine frühere Vorhofer-Preisträgerin wurde mit Freude begrüßt: die ehemalige „Standard“-Chefredakteurin und jetzige stellvertretende Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, Alexandra Föderl-Schmid.

Hochner-Preis an Yilmaz und Rahoma

Vergeben wurde in der Hofburg auch der Robert-Hochner-Preis, er ging an Yilmaz Gülüm und Faris Rahoma, die für den ORF-„Report“ Geschäftemacherei mit Elendsquartieren für geflüchtete Menschen aufgedeckt haben. Die beiden widmeten ihre Auszeichnung jenen Menschen, die Mut bewiesen hätten, indem sie ihre Geschichte erzählt und damit riskiert hätten, in eine vielleicht noch schlechtere Lage zu geraten. 

Renner-Preis für Pfneisl und Faulend

Korrupten Menschen aus Politik und Wirtschaft hatten sich auch Elisabeth Pfneisl und Marlies Faulend in ihrer Arbeit gewidmet: Die Journalistinnen von Holyscreen Media erhielten für ihre TV-Dokumentationsreihe „Die talentierten Herren“ den Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis, der am selben Abend im Rahmen der Galanacht des Österreichischen Journalisten Clubs im Billrothhaus verliehen wurde. Gudrun Harrer („Der Standard“) und Wieland Schneider, stv. Ressortleiter der „Presse“-Außenpolitik, teilten sich den zweiten Platz. Die deutsch-iranische Journalistin Natalie Amiri, Kriegs- und Krisenreporterin des Bayrischen Rundfunks, erhielt den Solidaritätspreis für engagierte Berichterstattung unter schwierigsten Umständen. (red.)

Wieland Schneider (l.) wurde für seine engagierte Berichterstattung aus Krisengebieten gewürdigt. Der stv. Außenpolitik-Ressortchef war unter anderem in Syrien und im Irak im Einsatz.
Wieland Schneider (l.) wurde für seine engagierte Berichterstattung aus Krisengebieten gewürdigt. Der stv. Außenpolitik-Ressortchef war unter anderem in Syrien und im Irak im Einsatz.Caio Kauffmann

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