Ungarn

Weber will Tisza in EVP aufnehmen

Weber und Magyar (li.) bei ihrem Treffen am Freitag in Budapest.
Weber und Magyar (li.) bei ihrem Treffen am Freitag in Budapest. Reuters/Marton Monus
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Die Christdemokraten dürften die Abgeordneten des Fidesz-Abtrünnigen Magyar von der Tisza-Partei in ihren Reihen willkommen heißen. Eine Abstimmung findet am Dienstag statt.

Die Stimmung im frühsommerlichen Budapest war äußerst amikal. Manfred Weber, Chef der stimmenstärksten – und seit der Europawahl vor einer knappen Woche noch einmal erstarkten – Fraktion im EU-Parlament, der Europäischen Volkspartei (EVP), besuchte am gestrigen Freitag Péter Magyar. Der 43-jährige Chef der Tisza-Partei hat beim Urnengang einen fulminanten Erfolg errungen und konnte knapp 30 Prozent der Wählerstimmen für sich gewinnen: Sieben Abgeordnete entsendet Tisza zu Beginn der neuen Legislaturperiode nach Brüssel und Straßburg . Sie sollen bei den Christdemokraten ihre politische Heimat finden, so will es Magyar. Die Tür der EVP sei weit offen, ließ Weber am Freitag in Budapest wissen. Eine formale Entscheidung über die Aufnahme müssten aber die EVP-Mandatare treffen, die Abstimmung ist für Dienstag kommender Woche angesetzt.

Für die EVP ermöglicht die Aufnahme von Magyars neu gewählten EU-Abgeordneten, den Verlust der Fidesz von Premier Viktor Orbán vor drei Jahren quasi wettzumachen; wenngleich die Fidesz mit zehn Abgeordneten auch in dieser Gesetzgebungsperiode die größte ungarische Delegation stellt.

Da lässt sich für Weber auch der dadurch ausgelöste Austritt des Fidesz-Koalitionspartners KDNP und der Verlust dessen einen EU-Mandatars verkraften (sie war 2021 in der EVP geblieben, tritt bei Europawahlen aber stets im Bündnis mit der Fidesz an). „Wenn es dazu kommt, dass Péter Magyar in die Fraktion der EVP aufgenommen wird oder die Tisza-Partei in die EVP aufgenommen wird, bleibt der Christlich-Demokratischen Volkspartei keine andere Wahl als auszutreten“, sagte deren Parteichef Zsolt Semjén in Budapest zu Weber.

„Stehen Sie für Demokratie?“

Allerdings ist es fraglich, inwiefern Magyar und seine blutjunge Bewegung jene weltanschaulichen Kriterien erfüllen, die Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer Kampagne als EVP-Spitzenkandidatin um ihre eigene Nachfolge als Präsidentin der Europäischen Kommission festgelegt hat. „Stehen Sie für Demokratie? Verteidigen Sie unsere Werte? Sind Sie sehr streng, wenn es um die Rechtsstaatlichkeit geht? Unterstützen sie die Ukraine? Kämpfen Sie gegen Putins Versuch, Europa zu schwächen und zu spalten? Diese Antworten müssen sehr klar sein“, sagte von der Leyen im Februar auf die Frage, ob sie mit der rechts der EVP stehenden Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) unter Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zusammenarbeiten würde.

Diese Anforderungen müssen folglich umso stärker für Parteien gelten, die sich der EVP als Mitglieder anschließen und dadurch ihren eigenen politischen Einfluss vergrößern wollen. Doch sowohl in der Frage der Rechtsstaatlichkeit als auch hinsichtlich der Unterstützung der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen die russische Aggression ist Magyar bisher sehr vage geblieben. Brüsseler Korrespondenten, die Magyar während dessen Zeit an der ungarischen Botschaft erlebt hatten, wo er für die Beziehungen zum Europaparlament zuständig war, erinnern sich noch gut an seine bisweilen ziemlich aggressiven und arroganten Interventionen bei Pressekonferenzen von Fidesz-kritischen Abgeordneten, allen voran der Grünen Judith Sargentini.

Die Fidesz-Abgeordneten indes sind derzeit noch fraktionslos, könnten aber bei den Europäischen Konservativen und Reformern (EKR), deren Chefin Italiens Premierministerin Giorgia Meloni ist, andocken.

Die Größe der einzelnen Fraktionen spielt freilich auch eine gewichtige Rolle bei der Wahl der kommenden Kommissionspräsidentin. Dass der Vorschlag der Staats- und Regierungschefs wieder auf Amtsinhaberin Ursula von der Leyen fällt, gilt als so gut wie sicher. Allerdings muss die EVP-Spitzenkandidatin von einer einfachen Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden, was maßgeblich auch von ihrem Programm für die kommenden fünf Jahre abhängt.

Diskussion über Personalpaket

Am kommenden Montag kommen die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem informellen Abendessen zusammen, um über die EU-Spitzenjobs der EU-Kommission, des Rates sowie des Auswärtigen Dienstes zu diskutieren. Formale Entscheidungen sollen aber erst beim Gipfeltreffen Ende Juni fallen. Die konstituierende Sitzung des EU-Parlaments findet Mitte Juli statt. Sollten die EU-Chefs bis dahin einen Vorschlag für die Kommissionsführung unterbreitet haben, könnte es vor dem Sommer zur Abstimmung kommen.

»Die Tür der Europäischen Volkspartei steht weit offen. «

Manfred Weber

EVP-Chef

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