Sprachspalter

Ist im Spuckstrudel wirklich Schlatz drin?

Kirschen entkernen oder doch lieber mit Kernen in den Kuchen stecken?
Kirschen entkernen oder doch lieber mit Kernen in den Kuchen stecken?Erich Kocina
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Was Kirschen mit der Farbe Grün und einem kleinen Auto gemeinsam haben.

Kirschen bringen bei recht viel Aufwand recht wenig Ertrag. Allein schon das Entkernen braucht eine halbe Ewigkeit, bevor man sie weiterverarbeiten kann. Aus diesem Gedanken heraus entstand auch ein Gericht, das auf den ersten Blick wenig appetitlich erscheint – der Spuckkuchen oder Spuckstrudel.

Die Idee dahinter: Der Produzent lagert die Mühsal des Entkernens auf die Konsumenten aus. Die müssen die Kerne aus den Kirschen im Gebäck beim Kauen dann selbst entfernen und ausspucken.

So unappetitlich die Süßspeise also auch klingt, im Rezept findet sich zwischen Mehl, Eiern und Zucker kein Eintrag à la 200 ml Spucke. Apropos, das Wort Spucke für Speichel entstand aus dem Verb spucken, das wiederum vom mittelhochdeutschen spuwen (speien) kommt. Und wie bei so vielen Wörtern gibt es auch ein paar wunderschöne Dialektbegriffe dafür.

In Wien schlatzt man etwa gern. Und auch, wenn das tz am Ende etwas anderes vermuten lässt, wird der Schlatz in der Regel mit langem a ausgesprochen. Die Herkunft des Begriffs ist unklar, im Bairischen kennt man etwa auch Schletz im Sinne von schleimigem, feuchtem Schmutz. Manche verstehen unter schlatzen auch, dass im Schleim nicht nur Spucke steckt. Dafür gibt es in Wien aber einen anderen wunderschönen Begriff. Ein Greaner (ein Grüner) hat seinen Namen daher, dass mit Spucke grüner Auswurf mitkommt.

Mittlerweile weniger verbreitet ist das Gschbiadslad – geschrieben Gspürzlert, das vom kaum mehr bekannten Verb spürzen kommt, das einst auch für speien stand. Speiberling wiederum, der manchem aus dem Mund rinnt, wird heute zum Teil eher als Erbrochenes denn als Speichel verstanden.

Ein Spuckerl dagegen ist etwas ganz anderes – damit wird im Wienerischen etwas Kleines bezeichnet, abgeleitet vom Hingespuckten. Ein kleines Auto, zum Beispiel, wird gern Spuckerl genannt. Und wenn Sie wollen, können Sie auch Ihren Spuckstrudel so nennen – er darf halt nicht zu groß sein.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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