Klimakonferenz

Zaudern und Zögern ist nichts für „Arnie“: „I don‘t give a shit on it“

Der Ex-Gouverneur und der Bundespräsident: Arnold Schwarzenegger trifft Alexander Van der Bellen in der Hofburg beim „Austrian World Summit“
Der Ex-Gouverneur und der Bundespräsident: Arnold Schwarzenegger trifft Alexander Van der Bellen in der Hofburg beim „Austrian World Summit“APA / AFP / Joe Klamar
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Wie kann die Welt gerettet werden? Muss das Klima geschützt werden? Solche Fragen wirft eine Klimakonferenz der etwas anderen Art auf. Mit Arnold Schwarzeneggers „Austrian World Summit“ macht, ein bisschen jedenfalls, Hollywood eine Stop-over in Wien.

Ein „final countdown“ ist es nicht, als am Donnerstag die letzten Minuten vor dem Start der etwas anderen Klimakonferenz in der Wiener Hofburg im Takt heruntergezählt wurden, während die Lautstärke der Musik mehr und mehr vom prunkvollen Saal Besitz ergriff. Allerdings wird der nachmittägliche Blick auf das Geschehen der Stunden davor zeigen: ein bisschen Zeitreise war auch in der Hofburg angesagt – allerdings in die Zukunft, und nicht – wie beim Kinofilm – in die Vergangenheit.

Da wie dort ist auch ein wenig Hollywood dabei, denn der Countdown läutet den bereits achten „Austrian World Summit“ ein, eine Veranstaltung, die von der „Schwarzenegger Climate Initiative“ organisiert wird. Deren Direktorin ist Monika Langthaler, in den 1990er Jahren Abgeordnete der Grünen im Nationalrat. Die Veranstaltung ist entstanden, als sich Langthaler und Arnold Schwarzenegger, von dem noch die Rede sein wird, gemeinsam entschlossen haben, die Klimaschutz-Initiativen des kalifornischen Ex-Gouverneurs zu bündeln – in einer Veranstaltung, die den Brückenschlag von Österreich in die große weite Welt verspricht: „Austrian World Summit“ eben.

„Klimaschutz ist Blödsinn“

Nach einleitender Fanfare und Begrüßungsformalitäten ist es Bundespräsident Alexander Van der Bellen (angekündigt als „the one and only president“), der nach Abklingen der Standing Ovations gleich ins Thema einsteigt. Man müsse sich, meint er, schon „aktiv dafür entscheiden, wenn wir die Welt anders und besser machen wollen“. Und das hält VdB für dringend notwendig, nachdem er Stürme, Hitzewellen und Überschwemmungen der jüngsten Vergangenheit in Erinnerung gerufen hatte, die „in Österreich und nebenan“ zu vermelden gewesen sind. Auswirkungen auf Menschen gebe es immer öfter und immer härter.

Er zeichnet das Bild, dass die Menschheit auf einem Ast säge, „auf dem sie sitzt. Es wird ein tiefer und schmerzhafter Fall“, so der Präsident, der die Frage aufwirft, ob es überhaupt das Klima sei, das geschützt werden müsse. Und er liefert auch gleich die Antwort: „Klimaschutz ist eigentlich Blödsinn. Es geht darum, dass wir Menschen uns schützen.“ Und dabei sei „Veränderung“ das Schlüsselwort – ein Begriff, der vielen Menschen Unbehagen einjagt, weil Veränderung das Zurücklassen von Gewohntem sei, aber gleichzeitig auch mit dem Neuen, zu Entdeckendem lockt. Dazu gebe es keine Alternative, „denn der nächste möglicherweise bewohnbare Planet ist 4,2 Lichtjahre entfernt.“ Wir müssen also „useful“ sein, „es anders und besser zu machen.“ „Useful“ hat der Bundespräsident nicht von ungefähr gesagt. Denn die Aufforderung „Be useful“ ist das Motto dieser Klimakonferenz.

Arnold Schwarzenegger wird uns erklären, was damit gemeint sei. Das Mantra des Exil-Österreichers - der aus Thal bei Graz aufgebrochen ist, um mehrfacher Body-Building-Weltmeister zu werden, für zwei Amtsperioden als Gouverneur des US-Bundesstaates Kalifornien fungierte und davor und danach eine Hollywood-Karriere seinesgleichen hinlegte und -legt - lautet: jede und jeder Einzelne ist zum Handeln aufgefordert, um so die Umwelt zu schützen und den Klimakollaps zu verhindern. Also: „Be useful“. Dass die Politik die globalen Vorgaben ändern müsse, erwähnt er zwar nicht explizit, schließt dies aber auch nicht aus.

200 Millionen Tote durch Verschmutzung

Schwarzenegger prangert den Skandal an, dass seit „der ersten internationalen Umweltkonferenz 1992“ mehr als 200 Millionen Menschen durch Umweltverschmutzung gestorben seien. Der Skandal wird auch nicht geringer, sondern ungeheuerlicher, wenn zu ergänzen ist, dass die erste UN-Umweltkonferenz bereits 1972 stattgefunden hat. „200 Millionen Menschen - das wäre das, an der Bevölkerung gemessen, das sechstgrößte Land der Erde!“

Die Langsamkeit, in dem sich die Zahnräder drehen, ist ein steter Dorn im Auge, und darauf hat „Arnie“, der hierzulande gern auch „Die steirische Eiche“ genannt wird, eine knappe Antwort: „Action“. Das beschreibt seinen Ansatz, wenn er von Stromleitungen berichtet, die mit unterschiedlichen Natur- und Umweltargumenten „sechseinhalb Jahre nicht gebaut werden konnten, ehe die Verfahren abgeschlossen waren.“ Kopfschütteln erzeugt bei ihm auch das Abschalten der „sauberen Energiequelle“ Atomkraft in Deutschland: „Das spielt Ölkonzernen, der fossilen Industrie in die Hände“. Arnie meint, er sei gekommen als „kick in the ass“ und ist in aller Deutlichkeit gegen langatmiges Abwägen von Pro und Contra. „Action“. Und, wieder: „Be useful“.

Wissenschaftler: Wenig Erfolg in der Politik

Dass da auch bei den zum Handeln befugten Politikerinnen und Politikern einiges zu tun ist, legt Anders Levermann dar. Er ist Professor für die „Dynamik des Klimasystems“ am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, der einen ernüchternden Bericht abliefert. Seit Jahren und Jahrzehnten werden der Politik die Fakten und die wissenschaftlich fundiert belegbaren Zusammenhängen dargelegt, aber bisher habe dies kaum gefruchtet.

Eine der Ursache liege darin, vermutet Levermann, „dass Schäden, die durch Unwetter entstehen, vor allem in den reichen Staaten, in denen das Geld für Beseitigung der Folgen von Überschwemmungen, Waldbränden und dergleichen vorhanden ist, das Bruttonationalprodukt steigern.“

Levermann referiert im Panel „Den Wandel gestalten – große Macht und hohe Verantwortung“ und sitzt neben Umweltministerin Leonore Gewessler, die von einer nicht Abebben wollenden Standing Ovation begrüßt wir. Applaus ist ihr auch sicher, wenn sie ansetzt, das Wort „Renaturierung“ in den Mund zu nehmen. Sie sagt, diese Serie von Unwettern vor kurzem habe gezeigt, wie notwendig Renaturierung sei. Und auch: „Wir sind noch nicht dort, wo wir hinsollten.“

Gewessler glaubt, dass „wir uns in einer entscheidenden Phase“ befinden, in der Irreführung und Hoax-Erzählungen von Parteien, von Propaganda und Disinformationskampagnen zunehmen. „Wir sind mitten in einer Transformation, es wäre jetzt am Schlechtesten, auf die Bremse zu steigen und zu meinen, man solle jetzt eine Pause einlegen.“

„Doppelt so viel hören“

Vor Gewessler hat dies Schwarzenegger so formuliert: „Wir sind im Ausnahmezustand.“ Es sei so, als läge jemand nach einem Verkehrsunfall auf der Straße und blute stark. Da könne man nicht diskutieren, in welches Spital das Unfallopfer transportiert werden solle oder welcher Verband angelegt werden müsse. Das Zuviel an Bedenken kommentiert er knapp: „I don‘t give a shit on it.“ Und: „Let’s do it!“ Trotz AKW-Befürwortung und Kritik an der Umweltverträglichkeitsprüfung, ist Arnie ungeschmälerter Applaus sicher. „Action!“

In seinem Schluss-Statement schlug „Arnie“ auch noch etwas andere Töne an. Konferenzen seien auch der Ort zu lernen und zuzuhören. „Es ist kein Zufall, dass Gott dem Menschen zwei Ohren gegeben hat und nur einen Mund. Man kann also doppelt so viel hören.“

Austrian World Summit

Die Konferenz findet seit 2017 jährlich in Wien statt. Sie fokussiert auf zwei Zielsetzungen: einerseits soll das Bewusstsein dafür geweckt und gestärkt werden, dass insbesondere Klimaänderungen dringendes Handeln erfordert. Und zweitens werden in der Konferenz, heuer auch in einer Ausstellung, Lösungsansätze präsentiert. Motto: „Let’s do it!“

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