Baudynamik

Autobahnbrücken biegen sich unter der Last des Schwerverkehrs

Die 1,8 km lange Luegbrücke (A13) ist stark sanierungsbedürftig.
Die 1,8 km lange Luegbrücke (A13) ist stark sanierungsbedürftig.J. Groder/EXPA/picturedesk.com
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An Europas Straßenbrücken nagt der Zahn der Zeit. Ein österreichisches Forschungsteam hat nun eine Methode entwickelt, um die Restlebensdauer der Tragwerke zu verlängern. Damit sollen Ressourcen gespart und die Umweltbelastungen bei Sanierungen minimiert werden.

Jedes Mal, wenn ein Schwertransporter über eine Brücke donnert, bedeutet das eine enorme Belastungsprobe für das Bauwerk. Auf Österreichs vom Schwerverkehr am meisten befahrenem Autobahnstück, dem Traunabschnitt der Westautobahn, wurde im Vorjahr durchschnittlich alle sechs Sekunden ein Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht gezählt. Die Auswirkungen auf die Brücken sollen am Austrian Institute of Technology (AIT) in Zukunft ganz genau berechnet werden.

Alois Vorwagner, Leiter der Gruppe Baudynamik: „Wenn eine Überprüfung ergibt, dass eine Bestandsbrücke am Limit ist, muss das Tragwerk möglicherweise nachgerüstet werden. Werden bei der Nachrechnung nur theoretische Normwerte angesetzt, kann das sehr ressourcenintensiv und wenig nachhaltig sein.“ Je präziser die Erfassung der tatsächlichen Verkehrslasten, desto exakter können die Sanierungsmaßnahmen den tatsächlichen Erfordernissen angepasst werden. „Hier steckt ein enormes Potenzial zur Einsparung von Kosten, Energie und Material. Unsere Arbeit leistet daher einen direkten Beitrag zur Reduktion der Umweltbelastungen.“

Staus belasten Brücken stark

Die Methode, die das AIT-Team im Rahmen des im Frühjahr nun abgeschlossenen Projekts „Real Last“ mit Forschungsgruppen der ETH Zürich, der EPFL Lausanne, dem deutschen Ingenieurbüro Freundt und mit dem Wiener Ziviltechnikerbüro Vill ZT GmbH entwickelt hat, ermöglicht eine solche exakte Analyse.

Einer der Grundsteine ist weiterhin die anerkannte Messung der Verkehrslast mithilfe der „Weigh-in-Motion“-Technologie. Dabei rollen die Fahrzeuge über in der Fahrbahn eingebaute Sensoren, die die Zahl und die Achslasten der Lkw registrieren. Für Alois Vorwagner und sein Team ist das allein allerdings zu ungenau. Warum? „Ein Stau auf der Brücke beispielsweise hat zwar dieselben Achslasten wie fließender Verkehr, bedeutet aber wegen der engeren Fahrzeugabstände eine viel stärkere Belastung“, gibt der AIT-Projektleiter zu bedenken.

Er erklärt: „Die Weigh-in-Motion-Methode kann Staus nicht erkennen. Wir beziehen daher auch videobasierte Messungen ein, erstellen statistische Simulationen und lassen unter anderem die Wahrscheinlichkeit von Staus in einen von uns entwickelten Algorithmus einfließen.“ Zusätzlich werden Daten der jeweiligen Brücke wie Spannweite oder Eigengewicht berücksichtigt. Bei bereits durchgeführten Berechnungen habe sich gezeigt, dass bei Brückenspannweiten ab etwa 30 Metern Staus einen sehr wesentlichen Einfluss auf die Tragwerksbelastung haben.

Alte Brücken zukunftsfit machen

Auch Prognosen über die Entwicklung des Transportwesens in den kommenden 25 Jahren sind Teil der Berechnungen. „Etliche Brücken sind mehr als 40 Jahre alt und wurden nach damaligen Normen erbaut“, sagt Vorwagner. „Seither hat das Schwerverkehrsaufkommen stark zugenommen, und die Infrastruktur muss fit für die Zukunft sein.“ Der Algorithmus könne mit unterschiedlichen Datenqualitäten umgehen und ermögliche sogar die Entwicklung spezifischer Lastmodelle für bestehende Brücken, wenn nur wenige aussagekräftige Daten vorliegen.

Seit drei Jahren forscht das AIT darüber hinaus mit anderen Konsortiumspartnern an einem ähnlichen Konzept zur Berechnung der Belastung bei Eisenbahnbrücken. Auch hier seien erste Ergebnisse äußert vielversprechend, sagt der Projektleiter.

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