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Wirbel um die Zehn Gebote

Da hat es Moses seinen Leuten aber gesagt! (Szene aus dem berühmten Film „Die Zehn Gebote“ von 1956).
Da hat es Moses seinen Leuten aber gesagt! (Szene aus dem berühmten Film „Die Zehn Gebote“ von 1956). Imago
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Ein US-Bundesstaat verfügt den Aushang der Zehn Gebote an Schulen. Empörte Kritiker sagen, das verletze das Recht auf „eigene religiöse Überzeugung“ und „weltanschauliche Vielfalt“. Wow!

In den USA herrscht derzeit stellenweise Aufregung, weil der Bundesstaat Louisiana per Gesetz verfügt hat, dass in Kindergärten, Schulen und Unis die Zehn Gebote angebracht werden. Und zwar gut lesbar, damit auch alle wissen, wo der Hammer hängt. Die dort herrschenden Republikaner argumentieren, dieser jüdisch-christliche Basistext sei ein wichtiges Element bei der Staatswerdung der USA sowie Louisianas gewesen und zudem ein Element der „öffentlichen Bildung“.

Gegner orten indes „religiöse Nötigung“; jeder habe laut Verfassung das Recht auf seine eigene religiöse Überzeugung oder Nicht-Überzeugung, es herrsche religiöse und weltanschauliche Vielfalt und es müssten sich alle „sicher und willkommen fühlen“. – „Wir werden nicht zulassen, dass der Gesetzgeber diese Rechte auf Religionsfreiheit untergräbt“, heißt es in einer von mehreren Gruppen veröffentlichtem Mitteilung. Eine Verfassungsklage dürfte folgen.

Tja. Das Thema mag ein metaphysisch-theologisch-identitätspolitisches Wespennest voller Engel, Dämonen, Geist- und Astralwesen oder einfach einem universellen, traurigen Nichts sein. Aber ohne nähere theologische Fachausschweifung ist das nach heutigem, vereinfachtem Verständnis doch im Grunde so: Da sagt ein Gott, man möge ihn (und nur ihn) ehren und an dem oder den Feiertagen nicht hackeln (sonst aber schon!). Im Übrigen ehre man die Eltern, töte, stehle und verleumde nicht und giere nicht nach Gütern anderer. Nach deren Partnern auch nicht.

Also die ersten paar Gebote (Quintessenz: „Ich bin der Chef und schaffe an!“) hat doch wohl jeder irdische König einst für sich auch so formuliert, erst recht schon zu Zeiten der assyrischen und babylonischen Großkönige, Pharaonen und sonstigen Häuptlinge. Man riecht förmlich den weltlichen Urgrund dieser Vorschriften. Und sie treffen wohl auf jede Religion zu. (Okay, manche Götter sind da liberaler, etwa bei den Hindus, früher bei Griechen, Wikingern, Inka...). Also sollte sich jeder Gläubige aus welchem Klub auch immer durch jene Gebote angesprochen fühlen. Und als Atheist kannst sie ignorieren, weil du hast ja eh das Nichts.

Das Gros der übrigen dieser Zehn Gebote wiederum existiert inhaltlich gesehen in allen Zivilisationen, Religionen, Rechtsordnungen. Oder gibt‘s doch solche, wo das Verachten der Eltern, Töten, Verleumden etc. okay ist? Man könnte also sagen: Die Zehn Gebote sind für alle da, ohne Diskriminierung. Ein Teil des Menschheitserbes. Das mit der Gier schlägt sich ein wenig mit dem Geist des weltlichen Kapitalismus, aber lassen wir das.

Dank Mel Brooks ( „Verrückte Geschichte der Welt“, 1981, siehe unten) wissen wir immerhin, dass es ursprünglich 15 Gebote waren. Aber eine der drei Steintafeln ist unterwegs zerbrochen, weil Moses beim Wandern auf dem Berg Sinai patschert war. Was da wohl draufstand? (wg)

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

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