Binnen weniger Jahre mutierte die Internationale Energieagentur von einer Gralshüterin der fossilen Energiewelt zur Vorkämpferin für die grüne Wende. IEA-Chef Fatih Birol machte sich damit viele neue Freunde – und ein paar neue Feinde.
Mitte Februar des heurigen Jahres versammelten sich Hunderte Energieminister, Ölkonzernbosse und grüne Investoren im Pariser Château de la Muette, um den fünfzigsten Geburtstag der Internationalen Energieagentur (IEA) zu feiern. Im Mittelpunkt des Interesses stand ein Mann: Fatih Birol. Der 66-jährige Ökonom aus der Türkei führt die IEA seit 2015, und er steht wie kein anderer für den radikalen Wandel, den die Organisation zuletzt vollzogen hat.
Geboren wurde die IEA aus einem tiefen Gefühl des Mangels. Es war 1974, die reichen Industriestaaten des Westens standen noch unter dem Schock der Ölkrise, die den Treibstoff für ihren Wohlstand so plötzlich verknappt hatte. Um zu verhindern, dass sie noch einmal um ihre Energieversorgung bangen müssen, gründeten die Länder die Internationale Energieagentur. Lange Zeit stand das Hamstern von Öllieferungen daher auch ganz oben auf der Agenda der Pariser Organisation. Auch Fatih Birol, damals noch Chefökonom, tanzte auf vielen Kongressen der Ölkonzerne und animierte US-Geldgeber noch vor gar nicht allzu langer Zeit, in den Schiefergasabbau zu investieren. Die Solar- und Windbranche und andere Vorkämpfer der grünen Wende beäugten die IEA als vermeintliches Anhängsel der fossilen Clique über Jahrzehnte mit skeptischem Blick. Doch heute ist alles anders.