Nachruf

Unheil und ein schmales Grinsen: Dafür wird Donald Sutherland in Erinnerung bleiben

Donald Sutherland in „S.P.Y.S.“ (1974).
Donald Sutherland in „S.P.Y.S.“ (1974). Imago / ©20th cent fox/courtesy Everett Collection
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Er war einer der größten Schauspieler Hollywoods – stand aber selten in der ersten Reihe: Ausgerechnet sein Lächeln soll seine Karriere in Gang gesetzt haben. Nun ist er 88-jährig gestorben.

Er lächelte nicht oft vor der Kamera – aber wenn er es tat, wenn er seinen schmalen Mund zu einem verschmitzten Grinsen verzog, dann war dies ein Lächeln, auf das es sich zu warten lohnte. Mit seiner 1,93-m-Statur, seiner markanten tiefen Stimme und seinen langen, seriösen Gesichtszügen zog Donald Sutherland in seinen Bann, er konnte tief verletzlich wirken, draufgängerisch oder hart und bedrohlich. Und wenn er dann lächelte, dann hatte er das Publikum endgültig auf seiner Seite.

Es war, so wurde später erzählt, auch sein schelmisches Grinsen, das dem kanadischen Schauspieler die Rolle des Stabsarztes Hawkeye Pierce in der US-Kriegssatire „M*A*S*H“ bescherte (im Film von 1970, nicht der nachfolgenden Serie). Als ungehorsamer, respektloser und ziemlich frauenfeindlicher Armee-Rebell, der zugleich ein begnadeter Chirurg ist, manövrierte sich Sutherland pfeifend durch dieses Militärlager im Koreakrieg. Der Film setzte seine Karriere in Gang und machte ihn zu einer Ikone der Gegenkultur. Das passte zu seinem Engagement abseits der Kamera: Er bewegte sich in den linksliberalen Kreisen Hollywoods, mit Jane Fonda ging er etwa als Teil einer Comedy-Truppe namens F.T.A. auf Anti-Vietnamkriegstournee. Für „Free the Army“ stand die Abkürzung offiziell – auch wenn viele ein anderes Wörtchen dahinter vermuteten.

Fürs Schauspiel hatte sich der in der kanadischen Provinz New Brunswick geborene Donald Sutherland schon als Kind interessiert. Auf Wunsch der Eltern (der Vater hatte eine Gasfirma, die Mutter war Mathematiklehrerin) studierte er Ingenieurwesen in Toronto, bevor er schließlich nach London ging und sich an der London Academy of Music and Dramatic Art einschrieb. Erste Schritte machte er an britischen Theatern und in kleineren Film- und TV-Produktionen. Als klassischer Hollywood-Held reüssierte Sutherland nie – schon seine Mutter beschrieb sein Gesicht nicht als hübsch, sondern „charaktervoll“. Das Unheilvolle lag ihm ebenso wie das Bizarre. Und so waren es oft skrupellose und an der Grenze zum Wahn wandelnde Figuren, die er in seiner sechs Jahrzehnte währenden Karriere spielte. Dazu gehört etwa der totalitäre Präsident Snow in den „Hunger Games“-Filmen (2012-2015) – eine Rolle, um die er sich aktiv bewarb. Zu seinen früheren ikonischen Arbeiten zählen „Klute“ (1971) mit Jane Fonda, „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973) mit Julie Christie, Bernardo Bertoluccis „1900“ (1976) und Federico Fellinis „Casanova“ (1976).  

Seine Söhne benannte er nach Regisseuren

Zu den vielen Regisseuren, mit denen er zusammenarbeitete, hatte Sutherland enge, oft komplizierte Beziehungen. Robert Altman (der Regisseur von „M*A*S*H“) und Sutherland versuchten der Legende nach am Set, einander feuern zu lassen. Anderen Filmemachern war er tief ergeben, wie Liebesbeziehungen schilderte er die Arbeit. Seinen ältesten Sohn Kiefer Sutherland, ebenfalls ein bekannter Schauspieler, benannte er nach dem Regisseur Warren Kiefer, mit dem er seinen allerersten Film gedreht hatte („Il Castello dei Morti Vivi“). Daneben hat Sutherland eine Tochter namens Rachel – und drei weitere Söhne, die er nach geschätzten Regisseuren benannte: Roeg nach Nicolas Roeg, Rossif nach Frédéric Rossif und Angus Redford, nach Robert Redford.

Donald Sutherland (1935-2024).
Donald Sutherland (1935-2024).Imago / Imago Stock&people

Im Alter von 88 Jahren ist Donald Sutherland nun nach langer Krankheit in Miami gestorben. Als einen der „wichtigsten Schauspieler in der Geschichte des Films“ würdigte sein Sohn Kiefer Sutherland ihn: „Er war nie eingeschüchtert von einer Rolle, ob gut, schlecht oder hässlich.“ In Hollywood war er stets präsent, wenn er auch selten in der ersten Reihe stand. Von der Oscar-Akademie – von der er für seine Rollen nie berücksichtigt wurde – erhielt er 2017 immerhin eine Ehrenstatuette für sein Lebenswerk. Voller Dankbarkeit und Demut nahm er sie an, scherzte über sein eigenes Begräbnis und seine lange Karriere, und zitierte den US-Komiker Jack Benny: „Ich habe diesen Preis nicht verdient, aber ich habe Arthritis, und die habe ich auch nicht verdient.“ Und am Ende zeigte er wieder sein zaghaftes, schmales Lächeln.

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