Datenschutz

Kein Geld für Lügner, auch wenn Video illegal war

Nicht die Katze, sondern der Autofahrer hatte zu viel konsumiert.
Nicht die Katze, sondern der Autofahrer hatte zu viel konsumiert.Feature: Clemens Fabry
  • Drucken

Ein Film deckte den Katzen-Trick eines Alko-Lenkers auf. Dieser forderte deswegen Ersatz vom Kameraaufsteller.

Eine Katze sei plötzlich vor sein Auto gelaufen. Deswegen habe er bremsen wollen, aber wegen des Schrecks das Gas- und das Bremspedal verwechselt. Das hatte der Mann seiner Versicherung gesagt. Ein Kater mag schon im Spiel gewesen sein, aber eher erst am nächsten Tag. Denn der Fahrer war betrunken am Steuer gesessen und deswegen nicht mehr Herr seiner Sinne. Videoaufnahmen zeigten, wie der von einem Weinfest kommende Lenker sich am Steuer wirklich verhalten hatte.

Fast wäre der Autofahrer mit seiner Geschichte durchgekommen, denn seine Kaskoversicherung hatte bereits eine vorläufige Deckungszusage erteilt. Doch dann forschte die Versicherung nach und entdeckte, dass in der Nähe des Unfallorts eine Kamera steht. Die Bilder waren eindeutig genug, und bei Trunkenheit am Steuer zahlt die Versicherung nicht.

Nun aber hatte der Autofahrer eine neue Idee: Der Aufsteller der Kamera solle ihm die Reparaturkosten ersetzen. Denn die Aufzeichnung sei illegal zustande gekommen. In diesem Zusammenhang macht der Oberste Gerichtshof (OGH) aber nun klar, dass die unionsrechtliche DSGVO und das österreichische Datenschutzgesetz auch ihre Grenzen haben.

Der Fahrer hatte beim Weinfest nicht zu knapp zugelangt. Fahrtüchtig sei er keinesfalls mehr gewesen, wie das Gericht später feststellen sollte. Diesen Eindruck festigte die Video-Aufnahme. Der Mann wollte auf einem Parkplatz vor seinem Wohnhaus einparken. Das gelang nicht, stattdessen fuhr er über die Parkplatzbeschränkung hinaus und beschädigte sein Fahrzeug schwer.

Das Haus, in dem der Mann Mieter einer Wohnung ist, war wiederholt von Vandalen heimgesucht worden. Die Firma, die das Gebäude vermietet, hatte daher eine Kamera installiert. Und von der Vermieterin forderte der Mann nun jene knapp 18.000 Euro ein, die die Reparatur des Autos koste. Seine Argumente: Die Aufzeichnung des Unfalls und die Weitergabe hätten das Datenschutzrecht verletzt. Laut Gesetz habe man dann ein Recht auf Schadenersatz gegenüber den für die Aufzeichnung Verantwortlichen. Und sein Schaden sei, dass nun die Versicherung nicht bezahle.

Vermieterin des Manns übergab Video

Die für die Kamera verantwortliche Vermieterin hatte die Aufnahme gesichert. Denn der Unfalllenker hatte auch ihr gehörende Bäume und Sträucher beschädigt. Und als ein Mitarbeiter der Versicherung nachfragte, ob der Unfall auch gefilmt wurde, bejahte die Vermieterin dies und übergab die Aufzeichnung.

Rechtlich stützen konnte man sich dabei darauf, dass der Autofahrer bei der Versicherung eine Vollmacht unterschrieben hatte. Laut dieser war er einverstanden, dass die Versicherung zu diesem Schadensfall „bei Dritten (Behörden, Gerichten, Versicherungsunternehmen)“ Auskünfte einholt. Nun stand zwar „Vermieterin“ nicht ausdrücklich drin, das Landesgericht Linz ging aber davon aus, dass mit „Behörden, Gerichten, Versicherungsunternehmen“ nur Beispiele gemeint waren und man auch von anderen Stellen Auskünfte zum Unfall einholen durfte.

Die Versicherung war aus dem Schneider, sie verglich sich mit dem Autolenker, der die Versicherung geklagt hatte. Demnach muss der Autofahrer die Prozesskosten übernehmen und es wurde ein Ruhen aller inhaltlichen Ansprüche vereinbart. Aber nun klagte der Autofahrer eben noch die Vermieterin, weil er meinte, dass ihm die Reparaturkosten wegen der Überwachung der Unfallfahrt zustehen.

Dem sei aber nicht so, wie das Landesgericht Linz ausführte. Die Forderung des durch das Video überführten Alko-Sünders habe nämlich nichts mehr mit dem Schutzzweck des Datenschutzes zu tun. Auch das Oberlandesgericht Linz betonte, dass hier der Rechtswidrigkeitszusammenhang fehle.

OGH: Schwindel nicht belohnen

Der OGH (6 Ob 70/24y) vermerkte, so einen Fall noch nie gehabt zu haben. Er klärte daher die Rechtslage, wenn auch nicht zugunsten des ihn anrufenden Alko-Fahrers. Auch laut dem OGH liegt es „außerhalb des Schutzzwecks“ des Datenschutzrechts, wenn der Autolenker „im Wege einer (behaupteten) Datenschutzverletzung Schadenersatz für eine berechtigt verweigerte Versicherungsleistung vom Verantwortlichen einer Datenverarbeitung begehrt“. Auch das EU-Recht könne hier zu keinem anderen Ergebnis führen, „würde dies doch auf eine schadenersatzrechtliche Kompensation für das (erfolglos) versuchte Erschleichen einer Versicherungsleistung hinauslaufen“.

Der Fall möge etwas skurril wirken, aber seine juristische Aussagekraft sei nicht zu unterschätzen, erklärt Anwalt Andreas Foglar-Deinhardstein, der die Vermieterin vertrat. Nun gebe es eine Klarstellung, dass „auch in diesem – vom Unionsrecht geprägten – Rechtsgebiet der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu beachten ist“. Der OGH habe exemplarisch die Grenzen des Datenschutzes aufgezeigt, meint der Jurist gegenüber der „Presse“.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.