Bundeskongress

Grüne applaudieren Gewessler für „unendlichen Sieg“, 94,5 Prozent für Kogler

Standing Ovations für Gewessler
Standing Ovations für GewesslerAPA / APA / Tobias Steinmaurer
  • Drucken

Nach turbulenten Wochen begehen die Grünen ihren 46. Bundeskongress in Wien. Parteichef Werner Kogler wurde zum Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl gewählt.

Werner Kogler wird die Grünen als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl am 29. September führen. Das hat die Partei am heutigen Samstag auf ihrem Parteitag, bei den Grünen heißt das Bundeskongress, mit 94,5 Prozent der Stimmen beschlossen. Vor fünf Jahren hatte Kogler eine 98,58-prozentige Zustimmung.

Insgesamt stimmen die 221 anwesenden Delegierten über zwölf Plätze auf der Bundesliste ab. Ganz vorne reihen sich auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Platz zwei mit 98,1 Prozent), Justizministerin Alma Zadić (Platz drei mit 98,5 Prozent), Klubchefin Sigrid Maurer (Platz vier mit 81,9 Prozent) und Generalsekretärin Olga Voglauer (Platz fünf mit 73,5 Prozent) ein.

Auch sonst werden die Weichen für die Nationalratswahl gestellt, bestätigt das höchste Parteigremium der Grünen in der Expedithalle der Alten Ankerbrotfabrik in Wien-Favoriten doch zusätzlich die Landeslisten für den Urnengang.

Beim Einzug der Parteispitze gibt es zwar bereits langen Applaus und Standing-Ovations. Richtig begeistert zeigen sich die Delegierten allerdings bei den Begrüßungsworten, als zum ersten Mal am heutigen Tag das Wort „Renaturierung“ fällt. „Wenn man merkt, dass die Mauer der Länder zu bröckeln beginnt, dann braucht es nicht nur den Einsatz von Baumgartner und Arnautovic, dann braucht es den Einsatz einer Frau“, sagt die Wiener Co-Parteichefin Judith Pühringer. Da geht es los mit dem Applaus und den Jubelrufen. Pürhinger weiter: „Leonore, danke für das Renaturierungsgesetz. Es war ein unendlicher Sieg, ein unendlicher Sieg für die Natur. Du hast grüne Geschichte geschrieben.“

Weiter macht, den Triumph in der Stimme keineswegs verhehlend, die Vorarlberger Co-Parteivorsitzende Eva Hammerer. Die ÖVP-Energielandesräte hätten sich nicht nach Vorarlberg getraut, spricht sie deren Boykott des gestrigen Treffens mit ihren Amtskollegen und Gewessler an. Es sei aber eh besser, dass sie nicht gekommen seien. „So geht wenigstens etwas weiter.“ Beschlussfähig sei man nämlich auch ohne sie gewesen.

Die Causa Lena Schilling scheint damit deutlich in den Hintergrund getreten. Auch für die anwesenden grünen EU-Parlamentarier, Schilling und Thomas Waitz, gibt es Begrüßungsapplaus.

„Hüpfen die Wirtschaftsfunktionäre?“

„Jetzt ist schon wieder was passiert, in dieser Woche“, beginnt Kogler seine Rede. Dann macht er eine eine lange Pause. Und setzt schließlich fort: „Gestern hat die österreichische Nationalmannschaft gewonnen“. Überhaupt, findet Kogler, werde viel mehr gewonnen, „seit wir Sportminister sind“. Und nun habe eben auch der Naturschutz in Europa gewonnen. Er kenne Kanzler Karl Nehammer gut und er vertraue darauf, dass es trotz des Streits über Gewesslers Renaturierungsvotum „sehr korrekt und sehr gut organisiert weitergeht.“

Dann zählt der Parteichef die grünen Erfolge in der Regierung auf, allen voran nochmals den Naturschutz. Man brauche die Bienen so dringen, sagt er. Sonst gebe es keine Ernte. „Sind es die Wirtschaftsfunktionäre, die mit dem Bestäubungsstab von Ast zu Ast hüpfen?“ Man könne es mit einer einfachen Bauernregel auf den Punkt bringen: „Sind die Bienen schwach und krank, gibt es keinen Erntedank“, sagt Kogler.

Zum bevorstehenden Wahlkampf sagt Kogler: „Ich will’s und ich kann’s.“ Es sei viel Gegenwind zu erwarten. „Ich mache jetzt schon darauf aufmerksam, das wird ein steiniger Weg“. Aber die Grünen hätten etwas im Angebot für die Mehrheit der Menschen. Kogler sprach sich etwa wieder für eine Vermögenssteuer für Millionäre aus. „Weil es so ungerecht ist, wenn du in deinem ganzen Leben ein bestimmtes Einkommen hast und davon zahlst du je nach Höhe mindestens 20,30 oder eher 40, 50 Prozent an Steuern und Abgaben (...) Und jemand der erbt, zahlt wie viel? Genau gar nichts. Und jetzt alle im Chor: Das ist nicht christlich, das ist nicht sozial und schon gar nicht sozial gerecht.“

Gesundheitsminister Johannes Rauch, der eigentlich seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte, zollt Kogler Respekt dafür, dass dieser nach dem Rauswurf aus dem Parlament 2017 „ohne Bezahlung und ohne Amt, mit einer Perspektive, die keine Gute war, den Laden am Laufen gehalten hat“. Als Gesundheitsminister sei er zwar etwas besorgt über Koglers Gesundheit, aber auch froh, dass dieser sage, einmal geht’s noch. „Aber du wirst das nicht alleine machen“ sagt Rauch. „Wenn du mich brauchst, egal wann, egal wo, ich bin da.“

Gewessler sagt in ihrer Rede, die vergangenen fünf Jahre seien dreimal so wild gewesen, wie sie es sich vorgestellt hatte. „Die ÖVP hat sich gedacht, der Laden gehört mir, und sie wird den kleinen Grünen schon zeigen, wie der Hase läuft. Und wir haben ihnen gezeigt: Das ist kein Naturgesetz.“ Die Grünen hätten aus der Regierungsbeteiligung richtig viel herausgeholt, man sei aber noch nicht am Ziel.

Bei der letzten Nationalratswahl 2019 erreichten die Grünen 13,9 Prozent, in Umfragen liegt die nunmehrige Regierungspartei allerdings weit darunter. Ziel ist für Kogler dennoch eine weitere Regierungsbeteiligung, wie er zuletzt betont hat. In einer aktuellen Profil-Umfrage liegen die Grünen hinter den Neos – und Kogler in der Kanzlerfrage hinter Bierpartei-Chef Dominic Wlazny.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.