Von der Leyen hat sich selbst mit Zugeständnisse an mächtige EU-Politiker gefügig gemacht.
Wer sollte einen Manager auswechseln, der im Sinne seiner Vorstände agiert? Die Kombination aus Gefügigkeit und Loyalität ist in der Wirtschaft oft wichtiger als Idealismus, Kreativität und Teamgeist. Nicht anders in der Politik: Wenn Ursula von der Leyen diese Woche erneut von den Staats- und Regierungschefs als Kommissionspräsidentin nominiert wird, so hat das nur zweitrangig mit der Qualität ihrer bisherigen Arbeit zu tun.
Ausschlaggebend ist eher, dass sie am Ende ihrer ersten Amtszeit wendig war, nicht allzu prinzipientreu. Sie hat sich rechtzeitig, als der Gegenwind aus der eigenen politischen Familie gekommen ist, vom Green Deal abgewandt. Der Klimaschutz, das einstige Vorzeigeprojekt ihrer ersten fünf Jahre, wich anderen Interessen wie jenen der großen Agrarbetriebe oder der Autofahrerlobby. Sie hat auch die notwendigen Reaktionen auf Rechtsstaatsverstöße nicht auf die Spitze getrieben, sondern hinausgezögert.
Ungeachtet ihrer Fähigkeiten als Strategin und talentierte Politikerin hat sich von der Leyen damit selbst ans Gängelband der Staats- und Regierungschefs gehängt. Kaum verwunderlich, dass die EU-Vorstände diese Woche gemeinsam mit ihrer Nominierung auch gleich die inhaltliche Agenda der nächsten fünf Jahre besprechen und fixieren wollen.
Hoffentlich wird die CDU-Politikerin nach dieser unwürdigen Neubestellung wieder mehr eigenen europäischen Idealismus entwickeln, als an solch machtpolitischem Pragmatismus weiter festzuhalten. Denn die EU kann nur mit einer weitgehend unabhängigen Kommission glaubwürdig funktionieren.
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