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Was würde Hayek über das Wifo denken?

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr und IHS-Direktor Holger Bonin.
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr und IHS-Direktor Holger Bonin. APA / APA / Roland Schlager
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Wifo und IHS legten am Mittwoch ihre - leider nicht sehr aussichtsreiche - Konjunkturprognose vor. Die Institute wurden auf Initiative großer Wissenschafter gegründet: Das Wifo geht auf Hayek und Mises, das IHS auf Paul F. Lazarsfeld zurück. Wie lassen sich ihre heutigen Direktoren weltanschaulich verorten?

             

Jeannine Hierländer
stv. Ressortleiterin Economist

Jeannine Hierländer
 

Guten Morgen!

Ein Fixpunkt in Österreichs polit-ökonomisch-medialem Kosmos ist die vierteljährliche Konjunkturprognose der beiden großen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS. Die Institute haben eine lange Geschichte. Das Wifo wurde 1927 auf Initiative der großen Ökonomen Friedrich August von Hayek und Ludwig von Mises als Institut für Konjunkturforschung gegründet. Hayek wurde erster Direktor und blieb es, bis er 1931 an die London School of Economics berufen wurde. In seiner Zeit am Wifo verfasste Hayek sein Werk „Geldtheorie und Konjunkturtheorie“ sowie „Preise und Produktion“. Für seine Theorie der Preise erhielt er später den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften. 

Den Anstoß zur Gründung des Instituts für Höhere Studien (IHS) im Jahr 1963 gaben der prominente Sozialwissenschafter Paul F. Lazarsfeld („Die Arbeitslosen von Marienthal“) und der Ökonom Oskar Morgenstern (Mitbegründer der Spieltheorie). Neben der Konjunkturforschung gibt es beim IHS einen Schwerpunkt auf Verhaltensökonomie. Der frühere Direktor des IHS (2016–2021), der nunmehrige Arbeits- und Wirtschaftsminister und wohl baldige Nationalbank-Gouverneur Martin Kocher, war ja auch Verhaltensökonom. 

Kocher galt in seiner Zeit als IHS-Chef als liberaler Ökonom und würde sich wohl auch heute noch so bezeichnen. Er mahnte als IHS-Chef mehrmals zur Pensionsreform, als Minister hat er sich das dann aber schnell abgewöhnt. Dem IHS wurde in der jüngeren Vergangenheit generell die Rolle des etwas marktliberaleren Instituts zugeschrieben. Das von den Sozialpartnern mitfinanzierte Wifo gilt als weiter links stehend, Hayeks Zeit am Wifo ist ja auch schon eine Weile her. 

Die amtierenden Direktoren würden sich weltanschaulich wahrscheinlich ungern in eine Schublade stecken lassen. Gabriel Felbermayr, der 2021 vom Kieler Institut für Weltwirtschaft an die Wifo-Spitze wechselte, kam mit dem Ruf, ein Liberaler zu sein. Davon wich er aber immer wieder ab: Zum Beispiel, als er in der Teuerungskrise Eingriffe in den Strompreis forderte (die Strompreisbremse gibt es heute noch) und erst kürzlich sagte, man hätte die Bremse auch auf den Gaspreis anwenden sollen. Auch eine Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel brachte er damals ins Spiel. Hayek hätte das sicher nicht gefallen. 

Auch Holger Bonin, der seit Juli 2023 dem IHS vorsteht, lässt sich nicht ganz einordnen. „Ist er ein Linker?“, fragten wir uns im Ressort zu seinem Antritt. Aber in seinem Antrittsinterview mit der „Presse“ forderte Bonin erstaunlich offenherzig zur Lohnzurückhaltung auf, große Aufregung inklusive. Es war erfrischend. Bonin ist halt kein gelernter Österreicher, denn sonst wüsste er, dass es in diesem Land ein Sakrileg ist, sich in Lohnverhandlungen einzumischen. Aufregung produzierte er auch mit seiner Forderung, das Regelpensionsalter auf 67 Jahre anzuheben.

Am Mittwoch legten IHS und Wifo ihre Sommerprognose vor. Anders als im Fußball gibt es an der Konjunkturfront leider keine positiven Überraschungen: Die Wirtschaft stagniert, „Wachstum gibt es 2024 nur bei den Staatsschulden“, schreibt Kollege Jakob Zirm. Österreich verliert wegen der starken Lohnerhöhungen massiv an Wettbewerbsfähigkeit (Bonin hatte recht). Das Haushaltsdefizit bleibt verboten hoch.

Womit sich auch der Budgetpfad erübrigt hat, den Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in seiner ersten Budgetrede im Herbst 2022 ausgegeben hat: Er wolle mit dem Budget „Verantwortung für morgen übernehmen“, ließ er sich damals zitieren. Das Maastricht-Defizit werde 2023 bei 2,9 Prozent zum Liegen kommen und sich in den Folgejahren auf 1,6 Prozent verbessern. 2023 fiel dann mit 2,6 Prozent sogar besser aus. Aber die Richtung hat sich eindeutig gedreht: Sowohl heuer als auch nächstes Jahr wird Österreich die Maastricht-Kriterien (maximal drei Prozent Neuverschuldung) verfehlen. 

Aber zumindest im Fußball dürfen wir noch auf ein Sommermärchen hoffen. 

Herzlich, Ihre

Jeannine Hierländer

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