Tonbandprotokoll

Illegale Aktenherausgabe? Anzeige gegen Justizjuristin

Schwere Vorwürfe werden gegen eine Juristin aus dem Justizministerium erhoben.
Schwere Vorwürfe werden gegen eine Juristin aus dem Justizministerium erhoben.Unbekannt
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In einer Anzeige werden schwere Vorwürfe gegen eine Mitarbeiterin im Justizministerium erhoben. Sie soll, wie auch die „Kronen Zeitung“ berichtet, ressortfremden Personen Zugang zu Akten verschafft haben, unter anderem Peter Pilz. Alle Beteiligten dementieren.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, bestätigt den „Eingang einer Anzeige“, weitergeleitet vom Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung. In dem dreiseitigen Schriftstück heißt es unter anderem, dass sich die Mitarbeiterin des Justizressorts „rechtswidrig Zugang zu Akten/Aktenzahlen verschafft hat (was den Tatbestand des § 302 StGB erfüllt) und diese Daten/Informationen (die Amtsgeheimnisse) anschließend an Dritte weitergegeben hat (was den Tatbestand des § 310 StGB erfüllt)“.

Anfangsverdacht wird geprüft

Ob Ermittlungen eingeleitet werden, ist offen. Die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht. Der Anzeiger selbst, ein ehemaliger Informant des Verfassungsschutzes, begründet seine Angaben mit einem 2023 heimlich aufgenommenen Gespräch zwischen ihm und einem ehemaligen Fußballprofi. In diesem Gespräch berichtet der Exsportler über einen Zugang zu Akten und Aktenzahlen aus dem Justizministerium, der „ein Hammer“ sei: „Wir können sie uns organisieren, wir haben einen guten Zugang“, heißt es in der Abschrift des Gesprächs.

Ermöglichen, so der angezeigte Sachverhalt, würde den Zugang ins Justizressort eine Juristin, die zunächst für die Liste Pilz aktiv war, ehe sie 2019 zu den Grünen wechselte und dort an den Regierungsverhandlungen mit der ÖVP teilnahm. Heute arbeitet sie im Kabinett der Justizministerin. Für die Juristin ist es nicht das erste Mal, dass sie mit dem Vorwurf, Akten herausgegeben zu haben, konfrontiert ist: 2022 hatte der Fraktionsführer der ÖVP, Andreas Hanger, gesagt, bevor die Betreffende im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss befragt wurde: „Wir haben Indizien, dass es da noch laufend Informationsaustausch gibt.“

Nutznießer Peter Pilz?

Einer der Nutznießer des in der Anzeige beschriebenen Systems soll der ehemalige grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz, Gründer der Liste Jetzt und nunmehriger Betreiber der Onlineplattform ZackZack, sein. Der ehemalige Fußballprofi bezeichnet ihn in dem mitgeschnittenen Gespräch als „Verbindungsglied“ zwischen der Justizministerin und der angezeigten Mitarbeiterin. Auch Pilz ist nicht zum ersten Mal mit der Behauptung konfrontiert, Akten auf rechtswidrige Art und Weise erhalten zu haben bzw. zu erhalten. Erst vor Kurzem brachte er deshalb eine Klage gegen „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner ein.

Die belastete Justizmitarbeiterin weist sämtliche Vorwürfe zurück. „Außerdem wird sie die Einleitung rechtlicher Schritte, insbesondere eine Anzeige wegen Verleumdung, prüfen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Ministeriums. 2022 sagte sie im ÖVP-Untersuchungsausschuss auf die Fragen von Andreas Hanger unter Wahrheitspflicht aus, dass sie seit ihrem Wechsel zu den Grünen keinen Kontakt mehr zu Pilz habe und dieser auch nie Akten oder Unterlagen von ihr haben wollte. Das könne „sie ausschließen“.

Aufnahme ohne Einverständnis

Auch Peter Pilz streitet einen Kontakt ab. Akten aus dem Justizministerium habe er als Abgeordneter „zahlreiche“ bekommen. „Das ist in Untersuchungsausschüssen üblich“, sagt er. Pilz schied im Herbst 2019 aus dem Parlament aus. Ob er Kenntnis davon habe, dass ressortfremde Personen Zugang zu Akten aus dem BMJ erhalten? „Der Fall ‚Brandstetter‘ und andere ähnlich gelagerte Fälle legen diesen Schluss nahe“, antwortet Pilz und verweist auf den früheren Justizminister.

Der Exsportler, auf dessen aufgezeichneten Aussagen die Anzeige aufbaut, will gegenüber der „Presse“ anonym bleiben. Er bestätigt, dass es mehrere Treffen mit dem Anzeiger gegeben hat, doch sei er ohne sein Einverständnis aufgenommen worden und wisse heute nicht mehr jedes Wort, außerdem sei er „nur vor der Behörde zur Wahrheit verpflichtet“. Der Mann bestreitet, jemals Akten aus dem Justizressort bekommen zu haben. Allerdings: „Dass es ein System gibt, in dem Politiker oder Menschen, die Geld haben, Einfluss auf Verfahren nehmen können, kann schon sein. Davon bin ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen überzeugt“, so der Exkicker.

Anzeiger auch für Grüne tätig

Der ehemalige Informant des Verfassungsschutzes, der seine Anzeige mithilfe eines Rechtsanwalts erstattet hat, ist zuletzt im regen Austausch mit dem verstorbenen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gestanden und gibt an, gemeinsam mit diesem daran gearbeitet zu haben, „kriminelle Staatsanwälte und Beamte zur Strecke zu bringen“. In der Vergangenheit war der Mann auch für die Grünen tätig. Konkret 2013 in der Eurofighter-Causa, wie aus einem E-Mail-Verlauf hervorgeht. Im Auftrag des heutigen grünen Klubdirektors fragte er Kontonummern und Geldtransfers in den Vereinigten Arabischen Emiraten ab.

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