Perschling

„Hier darf ich krumm sein“: Ein Fluss zeigt, was Renaturierung bedeutet

Die Mitte Niederösterreichs ist vor allem durch das Atomkraftwerk Zwentendorf, das nie in Betrieb gegangen ist, bekannt geworden - nicht durch die Perschling.
Die Mitte Niederösterreichs ist vor allem durch das Atomkraftwerk Zwentendorf, das nie in Betrieb gegangen ist, bekannt geworden - nicht durch die Perschling.APA / Joe Klamar
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Was Renaturierung konkret bedeuten kann, zeigt die Perschling, ein etwa 55 Kilometer langer Fluss in Niederösterreich. Das Gewässer wird in einem Buch portraitiert.

Wie lassen sich gut 180 Seiten füllen, wenn das Thema ein scheinbar unscheinbarer Fluss von gerade einmal 55 Kilometern Länge das Thema ist? Das geht schon, wenn man seinen Blick erweitert. „Die Perschling“ wagt diesen Versuch, der als gelungen bezeichnet werden kann. Der Fluss schlängelt sich östlich der Traisen durch die Mitte Niederösterreichs und mündet in die Donau - vielmehr in einen Altarm der Donau.

Obwohl die Spuren der Zeit an der Perschling nicht vorüber gegangen sind, so hat der Fluss die vergangenen 160 Jahre vergleichsweise gut überstanden. Es hat Regulierungen gegeben, aber dann wurden hier auch wieder früher als anderswo Maßnahmen gesetzt, um den Fluss und seine Ufer zu renaturieren. Und deshalb heißt es im Vorwort, das die Perschling zu Wort kommen lässt: „Hier darf ich krumm sein.“ Für einen Fluss ist das eine gute Sache.

Das Buch bringt auch so manch Verborgenes ans Tageslicht. So etwa, wie der Kyrnberger Frischkäse an die Landwirtschaftschaftliche Fachschule in Pyhra an der Preschling gekommen sein soll. Die Gründerin der Schule, Berta Kupelwieser, soll während einer Frankreich-Reise heimlich Käsekulturen von den Wänden einer Molkerei in Gournay-en-Bray geschabt und mitgenommen haben.

Nicht weit weg von hier kann das wachsame Auge zusehen, wie sich das Klima ändert. Im Perschlingtal werden die Olivenernte immer üppiger. 2023 brachte eine Rekordernte von mehr als 500 Kilogramm Oliven. Seit vielen Jahrhunderten gibt es hier ein Weinbaugebiet, auch wenn es das kleinste in Niederösterreich ist. Behauptet wird, dass es hier die größte Dichte an Heurigen gebe.

Hier am Rande des Tullnerfeldes lässt sich auch eine Vergolderin über die Schulter schauen. So erfährt man: „Ich reinige mit Brot. Am besten ist ein drei Tage altes Brotstück, das pickt nicht mehr und bröselt noch nicht. Man schneidet ein Stück Brot ab, ein bisschen dicker, und gibt eigentlich alles weg, nur etwas lässt man auf der Rinde, das ist dann wie Radiergummi.“ Derart bekommen goldene Figuren wieder ihren Glanz zurück.

Last but not least lässt sich hier auch auf den Spuren der Nachkriegsgeschichte wandeln: In Rust im Tullnerfeld soll ein Schauplatz der „Kukukurz-Wette“ zwischen dem sowjetischen General-Sekretär Nikita Chruschtschow und Außenminister Leopold Figl gewesen sein. Chruschtschow hatte behauptet, dass russischer Kukuruz „zehnmal ertragreicher“ sei als jener auf Figls Acker im Perschlingtal. Die sowjetischen Sorten waren zwar tatsächlich ertragreicher, aber nicht zehnmal. Gewettet soll um ein Schwein worden sein. Dem Vernehmen nach soll es Figl nie bekommen haben.

Durch die Mitte Niederösterreichs

Die Perschling - Das Buch von Mella Waldstein (Text) und Nadja Meister (Fotos) ist im Kral-Verlag erschienen. Auf mehr als 180 Seiten wird ein Stück intakter Natur portraitiert.

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