Emmanuel Macron erleidet das Gerhard Schröder-Schicksal

Emmanuel Macron bei der Stimmabgabe
Emmanuel Macron bei der StimmabgabeReuters (Yara Nardi)
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Frankreichs Präsident schlitterte in ein Wahldebakel. Seine wirtschaftspolitische Bilanz kann sich aber sehen lassen. Nun ereilt ihm ein ähnliches Schicksal wie 2005 Gerhard Schröder in Deutschland.

             

Gerhard Hofer
stv. Chefredakteur

Gerhard Hofer
 

Guten Morgen,

die Wahlen in Frankreich sind also so ausgegangen, wie es viele erwartet haben. Die Rechtspopulisten von Marine Le Pen haben die Wahl klar gewonnen, Präsident Macron und seine Liberalen mussten eine herbe Niederlage einstecken. Ob das Rassemblement National (RN) die absolute Mehrheit schafft, hängt vom zweiten Urnengang am 7. Juli ab. Der große Verlierer heißt Emmanuel Macron. Und letztlich ist er über die eigene Hybris gestolpert, seine Abgehobenheit, seine Selbstüberschätzung.

Mich erinnert das alles an den früheren deutschen Kanzler Gerhard Schröder, der genau mit dieser Überheblichkeit seine Kanzlerschaft verspielte. 2005 wurde er aus dem Amt gefegt, seine wirtschaftspolitischen Errungenschaften und Weichenstellungen haben ihm nichts genützt. Ganz im Gegenteil.

Und Macron? Möglicherweise wird man in einigen Jahren über ihn ähnlich urteilen. Denn er hat in den vergangenen sieben Jahren Reformen gewagt, die in anderen Ländern - allen voran in Österreich - so gut wie undenkbar sind. Er hat das gesetzliche Pensionsalter von 62 auf 64 Jahren erhöht. Gegen den massiven Widerstand der Gewerkschaften, trotz massiver Ausschreitungen und Proteste. Er hat den Arbeitsmarkt liberalisiert. Unternehmer können sich nun leichter von Mitarbeitern trennen. Umgekehrt haben diese früher einen Anspruch auf Abfertigung. Unter Macron wurden die Steuern gesenkt. Nicht dramatisch, aber in Zeiten, wo es in anderen Ländern nur eine Richtung gibt, nämlich nach oben, ging Frankreich den anderen, den komplizierteren Weg. Die Körperschaftssteuer wurde etwa von 33,3 auf 25 Prozent gesenkt. Unter Macron wurde die Atomkraft sogar ausgebaut. Das gibt der Industrie Standortsicherheit, während man in anderen Ländern nicht weiß, wie man den steigenden Strombedarf und die hehren Ziele der Klimapolitik unter einen Hut bringen soll.

Viele dieser Reformen sind bei den Wählerinnen und Wählern möglicherweise noch nicht angekommen. Aber während andernorts Industrien abwandern, siedeln sich in Frankreich vermehrt Unternehmen an. Ja, auch weil Milliarden an Fördergeld im Spiel sind. Unter Macron stieg die Staatsverschuldung von 95 auf knapp 110 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Aber das Geld wurde in die Zukunft investiert und nicht konsumiert, verjausnet wie etwa hierzulande.

Die aktuellen Wirtschaftsdaten geben Macron recht. Frankreichs Wirtschaft entwickelte sich in dieser krisenhaften Zeit weit besser als etwa jene des Nachbarn Deutschland. Das rechnete jüngst die „FAZ“ nach. Jetzt ist Deutschland aktuell kein guter Sparringspartner, aber immerhin.

Unterm Strich stieg die französische Wirtschaftsleistung, gleichzeitig sank die Arbeitslosigkeit, Österreich würde alles geben, um eine ähnlich niedrige Inflation zu haben.

Dafür wird sich Macron in den kommenden letzten drei Jahren seiner Amtszeit wohl nichts kaufen können. Aber möglicherweise seine Landsleute. Ich wollte das einfach nur so angemerkt haben. Das Dumme am Liberalismus ist, dass mein seine Vorzüge erst merkt, wenn er ausgedient hat.

Ich wünsche Ihnen noch einen guten Start in diese Woche.

Es grüßt Sie wie immer sehr herzlich,

Gerhard Hofer

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