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Frauen stärker in Finanzierungsentscheidungen einbinden

Bernhard Sagmeister und Karin Meier-Martetschläger
Bernhard Sagmeister und Karin Meier-MartetschlägerRoland RUDOLPH
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Frauen erhalten nur halb so viele Finanzmittel wie Männer, auch sind es vor allem Männer, die Finanzierungen bereitstellen. Zwei Expert:innen zur Chancengleichheit von Frauen in der Finanzierung.

Obwohl laut Daten der europäischen Investmentbank Frauen doppelt so hohe Erträge pro investiertem Dollar erwirtschaften als Männer, erhalten sie nur halb so viele Finanzmittel. Im Zuge der Schwerpunktwoche „Erfolgsfaktor Frauen" ging eine Expertenrunde in der Podiumsdiskussion im „Presse“-Studio der Frage nach, warum Frauen noch immer unterschätzt werden und was es für mehr Chancengleichheit in der Finanzierung benötigt. Eva Komarek, General Editor for Trend Topics der Styria Media Group, begrüßte dazu Karin Meier-Martetschläger, Geschäftsführerin der Pfandleihanstalt Erika Martetschläger und stv. Vorsitzende des Investmentkomitees des aws Gründungsfond II, sowie Bernhard Sagmeister, Geschäftsführer der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws).

Schluss mit der Zurückhaltung

„Frauen sind schlichtweg zurückhaltender. Es braucht Role-Models, die demonstrieren, wie Frauen überzeugender auftreten können", meint Meier-Martetschläger. „Zudem leben wir in Europa und speziell im DACH-Raum noch immer in einer sehr männerdominierten Welt.“

Sagmeister ergänzte, dass es vor allem auch Männer sind, die Finanzierungen bereitstellen. „Wir versuchen dem so zu begegnen, dass wir auch bei den Entscheidungen möglichst viele Frauen involvieren.“ Schließlich profitiert Österreichs Wirtschaft davon, wenn Finanzierungs- und Förderungsentscheidungen mit hoher Partizipation von Frauen getroffen werden. aws geht mit gutem Beispiel voran: „Auch bei den Beiräten achten wir auf die Besetzung, damit wir die unterschiedlichen Erfahrungen und Blickwinkel in der Förderungsentscheidung inkludiert haben.“

Finanzbildung als Dreh- und Angelpunkt

Häufig scheitert die Finanzierung an der fehlenden Finanzbildung. „Umso besser man zu Bankverhandlungen geht, desto leichter kommt man an Geldmittel oder zu alternativen Finanzierungen“, sagt Meier-Martetschläger. Obwohl auch Männer teilweise gravierende Mängel beim Finanzwissen aufweisen, agieren sie in der Regel trotzdem überzeugender gegenüber Banken, indem sie ihre Schwächen überspielen, während Frauen schneller das Gefühl haben, nicht gut genug zu sein.

Support von Männern

Ein weiterer Grund, der Geldgeber zögern lässt: „Die Berufskarrieren von Frauen werden häufiger durch familiäre Verpflichtungen unterbrochen“, sagt Sagmeister. „Banken befürchten, dass dadurch eine Rückführbarkeit gefährdet ist.“ Dabei müsste man nur auf die Zahlen und Fakten blicken, um das Gegenteil festzustellen. Unternehmen, die von Frauen oder gemischten Teams geführt werden, performen im Durchschnitt besser. Offenbar ist das bisher kein Überzeugungsargument. Um einen gesellschaftspolitischen Wandel herbeizuführen, wird es notwendig sein, dass die derzeit überwiegend männlichen Entscheider stärker auf die Zahlen und Fakten achten. Meier-Martetschläger meint, es brauche mehr „HeForShe“ – die Gleichstellung der Geschlechter ist keine Frauensache, sondern betrifft alle und Männer sind aufgefordert, sich aktiv einzubringen und ihre Stimme für Gleichberechtigung zu erheben. „Man muss als Entscheidungsträger proaktiv beitragen, um mehr Frauen in Entscheidungspositionen zu bekommen, oder sie ausreichend mit Kapital auszustatten, wenn es um Start-ups geht.“

Frauenbeteiligung belohnen

Die Förderbank des Bundes belohnt die Partizipation von Frauen. Bei Preseed- und Seed-Financing gibt es normalerweise 80 Prozent Zuschüsse, doch aws spielt hier einen Gender-Bonus von zehn Prozent aus, wenn eine Frau im Prozess involviert ist, und gewährt 90 Prozent Zuschüsse. „Das hat nichts mit Frauenförderung zu tun, sondern mit Wirtschaftsförderung, da Frauen im Team einen echten Mehrwert darstellen“, betont Sagmeister.

Frauen als Finanzvorstand

Im Expertentalk strichen Meier-Martetschläger und Sagmeister auch hervor, dass man die Stärken der Frauen in Unternehmen besser nutzen sollte. So sieht Sagmeister Frauen sehr gern in der Rolle des CFO. „Weil Frauen in Krisenszenarien mehr antizipieren, häufig besser darauf vorbereitet sind und Unternehmen resilienter aufstellen.“ Allerdings ist ein Finanzvorstand grundsätzlich sehr finanzaffin und die große Herausforderung ist, dass in Zukunft auch mehr Unternehmerinnen an Geld kommen, bei denen Finanzen nicht zum Tagesgeschäft gehören. Außerdem scheuen viele Frauen den Schritt in verantwortungsvollere Positionen – und hier bedarf es wieder der Unterstützung von Männern. „Es gab schon mehrmals die Situation, dass ich in manchen Positionen gern bestimmte Kolleginnen gesehen hätte, die sich aber nicht von selbst für diese Jobs beworben haben. Da muss man als Führungskraft proaktiv auf diese Personen zugehen und sie ermutigen“, ist Sagmeister überzeugt.

Meier-Martetschläger unterstrich zum Abschluss des Talks auch noch die Wichtigkeit von Frauennetzwerken, um Frauen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen.

Information

Dieser Inhalt wurde von der „Presse“-Redaktion in Unabhängigkeit gestaltet. Er ist mit finanzieller Unterstützung von Škoda, SAP und Pfandleihanstalt möglich geworden.

Alle Gespräche und Diskussionen zur Schwerpunktwoche „Erfolgsfaktor Frauen“ sind nachzusehen und nachzuhören unter diepresse.com/erfolgsfaktorfrauen.

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