Gastkommentar

Herzls Vision ist relevant wie einst!

Die Ereignisse vom 7. Oktober 2023 unterstreichen die Notwendigkeit eines sicheren jüdischen Heimatlands.

Heute vor 120 Jahren, am 3. Juli 1904, starb Theodor Herzl, der Visionär des modernen Zionismus und Journalist dieser ehrwürdigen Zeitung. Sein Todestag ist Anlass, über sein Vermächtnis und seine Bedeutung für das jüdische Volk nachzudenken. Herzls Vision und sein Engagement waren maßgeblich für die Gründung des Staats Israel. Leider wird der Zionismus heute oft verleumdet, seine moralischen und befreienden Ursprünge werden verschleiert. Diese falsche Darstellung ignoriert den historischen Kontext und die moralischen Imperative, die der zionistischen Bewegung zugrunde liegen.

Herzls Wurzeln in Österreich sind entscheidend für das Verständnis seines Wegs. In Wien, inmitten des zunehmenden Antisemitismus, begann er seine Arbeit. Die Dreyfus-Affäre in Frankreich, bei der ein jüdischer Offizier zu Unrecht wegen Hochverrats verurteilt wurde, brachte Herzl zu der Erkenntnis, dass das jüdische Volk eine eigene Heimat brauchte. Seine Ansichten und Bemühungen gaben den Anstoß zu einer Bewegung, die schließlich zur Unabhängigkeit Israels im Jahr 1948 führte.

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Recht auf Selbstbestimmung

Als ich kürzlich im zweiten Bezirk, wo einst viele der 65.000 österreichischen Holocaust-Opfer gelebt hatten, Schmierereien wie „Tod dem Zionismus“ sah, fiel es mir schwer, den wieder aufkeimenden Hass zu verstehen. Im Kern bekräftigt der Zionismus das Recht des jüdischen Volks auf Selbstbestimmung in seinem angestammten Heimatland und ist eine Antwort auf Jahrtausende der Verfolgung und des Völkermords. Ebenso wichtig ist das Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie, wie es in Israels Unabhängigkeitserklärung steht. Die Ereignisse vom 7. Oktober 2023, als Hamas-Terroristen einen grausamen Angriff auf israelische Zivilisten verübt ha­ben, unterstreichen die anhal­tende Notwendigkeit eines siche­ren jüdischen Heimatlands. Fast 120 israelische Geiseln, darunter die österreichisch-israelische Geisel Tal Shoham, befinden sich noch immer in Gaza, ihr Schicksal ist unbekannt.

Tragischerweise führte dies zu einem beispiellosen Anstieg des Antisemitismus weltweit, auch in Wien. Kritik an Israel kann legitim sein, aber das Existenzrecht infrage zu stellen, ist es nicht. Allzu oft dient der Antizionismus als Stellvertreter. Wenn Kritik an Israel dazu führt, dass Juden angegriffen werden und dem jüdischen Volk das Recht auf seine Heimat verweigert wird, ist das inakzeptabel. Es ist wichtig, diesen Unterschied zu verstehen.

Trotzdem ist Israel heute ein Zeugnis für Herzls Traum. Es ist eine lebendige Demokratie, ein Zentrum technologischer Innovation und eine vielfältige Gesellschaft, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft, einschließlich einer 20-prozentigen Minderheit von Nichtjuden, meist Muslimen, gedeihen. Wir werden weiterhin aufrecht und stolz als Zionisten dastehen und, wie es in unserer Unabhängigkeitserklärung heißt, „allen Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und zur guten Nachbarschaft reichen“.

Herzls Ziel war die moralische und geistige Stärkung des jüdischen Volks, aber auch die Förderung der gegenseitigen Achtung und der friedlichen Beziehungen zu unseren Nachbarn. Damit ist Herzls Streben nach Frieden und Zusammenarbeit auf den Punkt gebracht. Wenn wir sein Andenken ehren, ist es von entscheidender Bedeutung, das wahre Wesen des Zionismus wiederzuentdecken und zu bekräftigen – eine Bewegung für das Recht eines Volks, frei und sicher in seinem eige­nen Land zu leben.

David Roet (*1963 in Jerusalem) ist Botschafter des Staats Israel in Österreich.

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