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Regen bringt in der Arktis Tod

Trügerische Schönheit: In der Arktis bringen Wolken immer häufiger Regen statt Schnee.
Trügerische Schönheit: In der Arktis bringen Wolken immer häufiger Regen statt Schnee. Mario Tama/Getty Images
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Niederschläge, die der Erwärmung wegen nicht als Schnee niedergehen, sondern als Regen in ihn, lassen Tausende Tiere verhungern.

Nur in extremen Bedingungen der arktischen Region oder an den Grenzen von Wüsten wird der Wettbewerb (innerhalb und zwischen Arten) enden und der Kampf ums Überleben wird fast ausschließlich einer mit den Elementen.“ Das schrieb Darwin 1859 in „On the Origin of Species“. Etwa 150 Jahre später bekam eine Art es auf besonders bittere Weise zu spüren: die Moschusochsen, die sich zwar mit Körper und Verhalten an die Unbilden des hohen Nordens angepasst hatten – ein extrem dichtes Fell schützt vor Kälte und Sturm, sparsamste Bewegung hält den Energieverbrauch gering –, aber mit einer menschengemachten Wut der Elemente waren sie nicht vertraut. Im Herbst 2003 fiel auf der kanadischen Banksinsel im Herbst völlig unüblicher Regen in den Schnee, der anschließend so undurchdringlich zusammenfror, dass die Graser auch mit ihren harten Hufen nicht mehr an Futter kamen. 20.000 verhungerten (Eos 90, S. 221).

Von Regen steinhart gefrorener Schnee lässt Graser nicht an Futter kommen

Noch ärger erging es im Herbst 2013 Rentieren, die von Menschen in riesigen Herden auf der russischen Halbinsel Jamal gehalten wurden: 61.000 starben. Eine Gruppe mit Anett Bartsch (TU Wien) hat es bilanziert (Biology Letters 2016.0466). So drastisch sind die Folgen nicht immer, aber die Ereignisse haben sich in den letzten Jahrzehnten so gehäuft, dass sie einen Namen bekommen haben: ROS („rain on snow“). Dass der in Mengen fällt, kommt von der Erwärmung, die in der Arktis viel rascher voranschreitet als anderswo. Sie macht die früher meist staubtrockene Luft feucht, die mehr von dem über dem eisfreien Meer stärker verdunstenden Wasser aufnehmen kann. Wolken bilden sich und veränderte Winde tragen sie öfter über das Land (Annals of Glaciology 2023.25). Dort gehen sie auch in früher höchst raren Gewittern als Starkregen nieder (Geophysical Research Letters 019366).

Dann kann das Wasser entweder den Schnee durchnässen oder durch ihn zum Erdboden sickern und dort gefrieren, beides kann die Last ins Rutschen bringen. Eine Lawine richtete 2012 auf der norwegischen Insel Svalbard enorme Schäden an der Infrastruktur an (Environmental Research Letters 114021), ohne solche Folgen blieben gleich 800 Nassschnee-Lawinen in Grönland, die von Jakob Abermann (Uni Graz) – Österreich ist in der Polarforschung stark vertreten – dokumentiert wurden (Natural Hazards 97: 517). Wenn Regen an der Erdoberfläche gefriert, wird Wärme frei, die auch nach unten in den Permafrost dringt, der nach den Befürchtungen mancher Forscher dann destabilisiert wird und Treibhausgase freisetzen kann.

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