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Statt aus Russland könnte Europa ab 2025 Gas aus Aserbaidschan über die Ukraine erhalten

Bloomberg
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Die Ukraine führt laut ihrem Präsidenten Wolodymyr Selenskij Gespräche über eine solche Lieferung und würde im Falle einer Einigung damit den Gastransit Ende 2024 nicht stoppen. Pikant: Auch die Russen würden dabei nicht verlieren.

Die Ukraine führt Gespräche über die Lieferung von Gas aus Aserbaidschan in die Europäische Union, um ihre Rolle als Transitland aufrechtzuerhalten und ihre westlichen Nachbarn bei der Gewährleistung der Energiesicherheit zu unterstützen. Mit dieser Aussage ließt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij am Mittwoch aufhorchen.

Eine Vereinbarung, russisches Gas durch aserbaidschanische Lieferungen zu ersetzen, sei „einer der Vorschläge“, die derzeit diskutiert würden, sagte er in einem Interview mit Bloomberg Television in Kiew. „Es sind die Kabinettsmitglieder, die sich jetzt damit befassen“.

Seit dem Einmarsch Moskaus hat Europa versucht, sich von russischem Gas zu befreien, aber einige europäische Staaten – allen voran Österreich – erhalten es weiterhin über eine Pipeline, die durch die Ukraine führt. Das Abkommen, das diese Transitvereinbarung regelt, läuft Ende 2024 aus, und da der Krieg immer noch wütet, erwarten viele Marktbeobachter, dass die Gasströme zum Erliegen kommen werden.

„Es werden derzeit alternative Schritte geprüft, wie wir die Pipeline mit einem anderen Gaslieferanten, einem anderen Land, nutzen können. Die Verhandlungen sind im Gange“, sagte Selenskij. „Wir wollen den Gasvertrag mit der Russischen Föderation nicht verlängern. Wir wollen nicht, dass sie hier Geld verdienen.“

Gaspreise sinken leicht

Die europäischen Benchmark-Gaspreise gaben nach den Äußerungen des Präsidenten leicht nach und sanken im Laufe des Tages auf unter 33 Euro pro Megawattstunde.

Die russischen Gasströme durch die Ukraine.
Die russischen Gasströme durch die Ukraine.Bloomberg

Der derzeitige Vertrag zwischen dem staatlichen ukrainischen Energieunternehmen Naftogaz und dem russischen Unternehmen Gazprom wurde 2019 unterzeichnet. Bloomberg News berichtete als Erstes, dass europäische Beamte im vergangenen Monat Gespräche geführt haben, um den Gasfluss durch die Ukraine aufrechtzuerhalten.

Die Nutzung der umfangreichen ukrainischen Pipelines würde dazu beitragen, die vom Krieg zerrüttete Wirtschaft zu finanzieren, in der sich die Transiteinnahmen im Jahr 2021 auf etwa eine Milliarde Dollar beliefen. Es gibt auch Bedenken, dass ungenutzte Pipelines zu Zielen militärischer Angriffe werden oder in einen Zustand geraten könnten, der nur mit hohem Kostenaufwand behoben werden kann. Moskau hat bereits versucht, einige der ukrainischen Gasspeicherinfrastrukturen durch Angriffe in diesem Jahr zu beschädigen.

„Wenn dies ein normaler Liefervertrag für nicht-russisches Gas an europäische Länder ist, die an uns appellieren, dann müssen wir als künftige Mitglieder der EU unsere Freunde unterstützen“, sagte Zelenskiy.

Tauschgeschäft mit Russland

Die Ukraine war einst ein Haupttransportweg für russisches Erdgas nach Europa und deckte etwa ein Viertel des EU-Bedarfs. Der Transit schrumpfte, als Russland alternative Routen unter Umgehung des Landes einführte und als Moskau auf dem Höhepunkt der Energiekrise im Jahr 2022 die meisten Lieferungen an große Importeure in Europa drosselte. Noch immer werden jährlich rund 15 Milliarden Kubikmeter Gas über die Ukraine in die Region geliefert, hauptsächlich in die Slowakei und nach Österreich.

Aserbaidschan will seine Gasexporte nach Europa ganz grundsätzlich steigern, hat aber noch nicht genügend langfristige Verträge abgeschlossen, um in eine weitere Produktion zu investieren. Bis Aserbaidschan in der Lage ist, seine Kapazitäten zu erhöhen, könnte es Gasvolumina mit Russland tauschen, was auf den Öl- und Gasmärkten nicht unüblich ist, wenn es nicht möglich ist, den Rohstoff physisch von einem Ort zum anderen zu liefern.

Theoretisch könnte dies für Russland also von Vorteil sein, wenn es Moskau ermöglicht, sein Gas in andere Länder zu leiten. Allerdings wäre eine solche Lösung wahrscheinlich nur vorübergehend. (Bloomberg/est)

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