Analyse

Putin will Fakten im Donbass schaffen, bevor der Umschwung droht

Eine zerstörte Kirche in Torezk im Norden von Donezk, aufgenommen Anfang der Woche.
Eine zerstörte Kirche in Torezk im Norden von Donezk, aufgenommen Anfang der Woche.Anadolu / Getty Images
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Das ostukrainische Gebiet Donezk ist wieder einmal das Zentrum der militärischen Konfrontation. Die russische Armee dürfte versuchen, in den nächsten Wochen mehrere Schlüsselorte einzunehmen – darunter das Städtchen Tschasiw Jar. Allerdings ist fraglich, ob ihre Kräfte dazu reichen.

Diese Woche feiert das Gebiet Donezk sein 92-jähriges Bestehen als ukrainische Verwaltungseinheit. Doch an große Feierlichkeiten ist nicht zu denken. Russland will sich die ostukrainische Region, früher Zentrum von Schwerindustrie und Kohleabbau und so groß wie Wien, Niederösterreich und das Burgenland zusammen, einverleiben. Und langsam, aber stetig kommt es seinem Ziel näher.

Der Großraum nördlich der Metropole Donezk steht derzeit im Mittelpunkt russischer Offensivversuche. Bis zum Ende des Sommers will Moskau mehrere Schlüsselorte erobern. Dazu gehört das umkämpfte Städtchen Tschasiw Jar, 20 Kilometer westlich von Bachmut gelegen. Die Ukraine verlautete am Donnerstag einen Teilrückzug aus dem östlichen Stadtteil, der als „Kanal“ bekannt ist. Der Wasserkanal Siwerskij Donez trennt diesen (kleineren) Bezirk vom (größeren) Rest der Stadt. Die Russen setzen die Ukrainer in Tschasiw Jar seit knapp drei Monaten verstärkt unter Druck. Mit dem Ergebnis, dass sie jetzt den Ostteil der Stadt kontrollieren.

Tschasiw Jar gilt als strategisch wichtiger Ort: Er liegt auf einer Anhöhe und würde nach einer vollständigen Eroberung einen weiterführenden Angriff auf die großen, ukrainisch kontrollierten Städte des Donbass – Kostjantyniwka, Kramatorsk, Slowjansk – ermöglichen.

Zerstörte Gebäude in der ostukrainischen Stadt Tschasiw Jar auf einer Aufnahme der ukrainischen Nationalgarde.
Zerstörte Gebäude in der ostukrainischen Stadt Tschasiw Jar auf einer Aufnahme der ukrainischen Nationalgarde. Reuters / 18th Slavic Brigade Of The Ngu

Der Rückzug hinter das natürliche Hindernis des Wasserwegs, noch dazu auf das höhere westliche Ufer, erscheint aus ukrainischer Sicht sinnvoll. Für die ukrainischen Streitkräfte wäre ein weiteres Halten des „Kanals“ nur eine Vergeudung der ohnehin beschränkten Ressourcen. Aufgrund des Vordringens der Russen seien „das Leben und die Gesundheit unserer Soldaten bedroht“ gewesen, sagte Militärsprecher Nasar Woloschyn im Fernsehen. Das Viertel zu halten sei „unrealistisch“ gewesen. Man habe sich auf besser geschützte Stellungen zurückgezogen.

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