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Bei Bargeld geht es nicht nur um Ideologie

Ohne Kleingeld keine Kaugummikugel.
Ohne Kleingeld keine Kaugummikugel.viennaslide/Picturedesk
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Rund ums Bargeld hat sich im Lauf der Zeit eine differenzierte Kultur herausgebildet. Eine sinnliche Form des Gebens und Nehmens, mit vielen spielerischen Facetten, aber auch mit streng überwachten und diskreten, ja manchmal sogar geheimnisvollen Aspekten.

Österreich gehört bekanntermaßen zu jenen Ländern, in denen die Nutzung von Bargeld (noch) weit verbreitet ist. Vor allem ein Gerät ist zum paradigmatischen Symbol dafür geworden: der Bankomat. Rund 9000 dieser Geldausgabeautomaten stehen in Österreich, womit wir zu den am dichtest bestückten Ländern in Europa gehören. Doch das Versorgungsnetz hat erste Lücken. Zahlreiche kleinere Gemeinden haben inzwischen keinen Bankomaten mehr. Um seine Erhaltung wird gekämpft, Bürgerinitiativen formieren sich, Politiker fordern eine „Bankomatgarantie“ für jeden Ort.

Doch warum die Aufregung? Ist das Bezahlen mit Karte oder Handy oder Online-Payment via Computer von zu Hause aus nicht viel bequemer und effizienter? Ganz abgesehen davon, dass bei Weitem nicht allen Menschen diese Technik zur Verfügung steht, ist dabei wohl die soziale Frage von entscheidender Bedeutung. Mit Bargeld zu bezahlen, Bargeld von einem Automaten oder einer Bankkassa zu holen, ist im Regelfall ein deutlich aufwendigerer sozialer Akt. Verliert man einen Ort der Geldausgabe, verliert man auch einen Ort mit sozialem Potential, einen wichtigen sozialen Knoten im Gefüge einer Gemeinde.

Rund um die Zirkulation des Bargeldes, den materiellen, rein physischen Durchlauf durch unsere Gesellschaft und Wirtschaft, hat sich im Lauf der Zeit eine höchst differenzierte Kultur herausgebildet. Eine sinnliche Form des Gebens und Nehmens, mit spielerischen Facetten, aber auch mit streng überwachten und diskreten, ja manchmal sogar geheimnisvollen Aspekten. Im Folgenden einige Beispiele, die verdeutlichen mögen, was wir alles verlieren – und zum Teil schon verloren haben –, wenn Bargeld verschwindet.

Das metallische Klimpern der Münzen kennen wir aus der eigenen Geldbörse

Beginnen wir mit dem Hören. Bargeld besitzt einen wohlvertrauten Klang, der sich über Jahrzehnte hinweg tief in unserem Inneren abgespeichert hat. Das metallische Klimpern der Münzen kennen wir aus der eigenen Geldbörse, von der Kassa im Supermarkt oder speziellen Münzzählautomaten; das Rascheln der Scheine vom Zählen am Bankschalter oder am Bankomaten. Auch in die Populärkultur hat der Klang des Geldes längst Einzug gehalten. Bekanntestes Beispiel aus der Musikbranche: „Money“ von der britischen Rockband Pink Floyd. Der vielgespielte Hit ist für die Musiker zu dem geworden, was sie besingen: Geld.

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