Gericht

Warum Peter Pilz ausgerechnet eine Pressekonferenz zum Verhängnis werden könnte

Ex-Mandatar Peter Pilz hat in seiner politischen Karriere unzählige Pressekonferenzen gegeben, eine davon - diese ist 24 (!) Jahre her - könnte ihm nun strafrechtlich zum Verhängnis werden (Featurebild vom Februar 2017: Pilz trat damals noch als Grünen-Politiker vor die Kameras).
Ex-Mandatar Peter Pilz hat in seiner politischen Karriere unzählige Pressekonferenzen gegeben, eine davon - diese ist 24 (!) Jahre her - könnte ihm nun strafrechtlich zum Verhängnis werden (Featurebild vom Februar 2017: Pilz trat damals noch als Grünen-Politiker vor die Kameras).Imago
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Weil er Informationen aus nicht öffentlichen Disziplinarverfahren an die Medien verraten haben soll, muss sich der ewige „Aufdecker“ Peter Pilz am Freitag vor dem Strafrichter verantworten. Beim Prozess wird es auch um grundlegende Rechtsfragen gehen.

Die Sache mutet wie ein Treppenwitz der Zeitgeschichte an: Ausgerechnet der medienaffine frühere langjährige Grünen- und Jetzt - Liste Pilz-Nationalratsabgeordnete Peter Pilz könnte über einen enthüllenden Auftritt vor den versammelten Medien stolpern. Und zwar in strafrechtlicher Hinsicht: Am Freitag („Die Presse“ hat bereits berichtet) muss der 70-Jährige die Delikte „Verbotene Veröffentlichung“ und „Üble Nachrede“ verantworten. Gleich vorweg: Pilz bekennt sich nicht schuldig, für ihn gilt freilich die Unschuldsvermutung.

Die „Taten“ liegen sehr lange zurück: Im Oktober 2000 verteilte er, laut Strafantrag, auf einer Pressekonferenz Unterlagen (dies tat er oft); der Haken an der Sache (aus Sicht der Anklage): Es ging um Inhalte eines - nicht öffentlichen - Disziplinarverfahrens beim Innenministerium, welches gegen zwei Polizeibeamte geführt worden war. Und dies vor dem Hintergrund der damals laufenden Spitzel-Affäre rund um den Polizeibeamten Josef Kleindienst. Man ging damals dem Verdacht nach, die FPÖ habe von Daten aus dem Polizeicomputer profitiert, Beweise ließen sich aber nicht finden.

Geheimes auf der Homepage

Im September 2010 veröffentlichte Pilz auf seiner Homepage erneut Informationen über eine Disziplinarsache - diesmal betraf es den vormaligen Bundeskriminalamtschef Herwig Haidinger; und zwar im Rahmen der Ermittlungen zum Entführungsfall „Natascha Kampusch“.

Und der weniger spektakuläre dritte Vorwurf (üble Nachrede): Pilz soll im April 2018 dem Bundesasylamt unehrenhaftes Verhalten nachgesagt haben. Nämlich die Begehung eines Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der Außerlandesbringung eines afghanischen Flüchtlings. Dieser, so beklagte Pilz, gerate dadurch in Gefahr verfolgt oder gar getötet zu werden.

Zurück zu den beiden erstgenannten Anklagepunkten; diese erfüllen laut Staatsanwaltschaft Wien den Tatbestand der verbotenen Veröffentlichung. Aber warum? Ist es nicht Aufgabe eines (oppositionellen) Nationalratsabgeordneten Kontrolle wahrzunehmen. Mag sein, argumentiert sinngemäß die Staatsanwaltschaft, aber bei Disziplinarverfahren höre sich das Aufdecken auf, diese seien ausdrücklich nicht öffentlich, sprich: geheim.

Eine bereits geänderte Vorschrift

Die Anklagebehörde stützt sich auf eine alte (mittlerweile grundlegend novellierte) Bestimmung des Beamtendienstrechtsgesetzes (§ 128 BDG), wonach Mitteilungen an die Öffentlichkeit dann untersagt sind, wenn es um mündliche Verhandlungen geht, bei denen eben die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde. Zu diesen zählen Disziplinarkommissions-Verhandlungen.

Wird es also eng für Pilz? An dieser Stelle hakt er selbst ein: Auf seinem Online-Medium „Zack Zack“ lässt er Verfassungsrechtler Heinz Mayer zu Wort kommen. Dieser spreche - so entnimmt man der Webseite - von einem „Rechtsirrtum“ der Anklage. Der Vorwurf der Pflichtverletzung sei unvertretbar. Die im Strafantrag erwähnte Passage des Beamtendienstrechtsgesetzes gelte ausschließlich für Beamte (Bedienstete, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen), nicht aber für Abgeordnete.

Verteidigung: „Rechtspolitisch diskussionswürdig“

Naturgemäß grätscht auch die Verteidigung dazwischen, Anwalt Johannes Zink: „Mein Mandant wird sich nicht schuldig bekennen. Er ist der festen Überzeugung, dass er schlichtweg seinen Beruf als Nationalratsabgeordneter gelebt hat und es Teil dieses Berufs war, Informationen zu erhalten und Missstände öffentlich zu machen. Hinzu kommt, dass es gerade zur verbotenen Veröffentlichung keine einschlägige Judikatur gibt und es in diesem Verfahren auch um eine rechtliche Klarstellung für alle heutigen und zukünftigen Abgeordneten aber auch für Journalisten geht.“ Und weiter: „Hinzu kommt, dass man rechtspolitisch durchaus darüber diskutieren kann, ob man im Jahr 2024 über angebliche Straftaten eines Abgeordneten im Jahr 2000 verhandeln soll.“

Apropos Journalisten: Die Sache mit der Pressekonferenz aus dem Jahr 2000 wird im Strafantrag als Bestimmung (Anstiftung) zur verbotenen Veröffentlichung qualifiziert. Ob sich damals, vor fast einem Vierteljahrhundert, tatsächlich ein Medium zu einer illegalen Veröffentlichung anstiften ließ, wird im Strafantrag nicht erörtert.

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