Parlamentswahlen

Großbritannien: Erdrutschsieg für Labour, Nigel Farage schafft Einzug ins Parlament

Keir Starmer wird der nächste Premierminister Großbritanniens.
Keir Starmer wird der nächste Premierminister Großbritanniens.Imago / Matt Crossick Via Www.imago-images.de
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Nach 14 Jahren an der Macht stürzen die Tories auf ein Allzeittief. Wählerbefragungen prognostizieren Labour unter Keir Starmer 410 der 650 Mandate im Unterhaus. Im achten Anlauf wird dort Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage mit seiner Partei Reform UK vertreten sein.

Die oppositionelle Labour Party hat bei der britischen Parlamentswahl am Donnerstag den erwarteten Erdrutschsieg eingefahren. Laut einer Wählerbefragung wird Labour künftig 410 der 650 Mandate im Unterhaus stellen. Oppositionsführer Keir Starmer wird damit den konservativen Premier Rishi Sunak ablösen, dessen Tories auf ein Allzeittief von 131 Mandaten abstürzten.

„Heute Abend hat das Volk gesprochen. Das Volk ist bereit für den Wandel. Jetzt ist die Zeit, dass wir umsetzen“, sagte Starmer in der Nacht auf Freitag nach seiner Wiederwahl als Abgeordneter im Londoner Wahlbezirk Holborn and St. Pancras. Von den 132 ausgezählten Wahlkreisen gingen 104 an die bisherige Oppositionspartei, die somit um 40 zulegen konnte. Die Tories hielten erst bei 14 Mandaten, um 46 weniger als vor fünf Jahren. Unter den abgewählten Abgeordneten war auch ein Schwergewicht der Partei, Verteidigungsminister Grant Shapps.

Die „Geschichte des Abends“ war das starke Abschneiden der rechtspopulistischen Reform UK von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage. Im achten Anlauf ist Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage der Einzug ins britische Parlament gelungen. Der Spitzenkandidat der rechtspopulistischen Reform UK wurde in der Nacht auf Freitag zum Sieger der Unterhauswahl im südostenglischen Wahlkreis Clacton-on-Sea erklärt.

»Das ist nur der erste Schritt von etwas, das euch alle schockieren wird.«

Nigel Farage

„Das ist nur der erste Schritt von etwas, das euch alle schockieren wird“, sagte Farage in seiner Siegesrede. Im rechten politischen Spektrum gebe es eine „massive Lücke, und meine Aufgabe ist es, sie zu füllen“.

Nigel Farage im Siegestaumel. Er ist der eigentliche Sieger des Abends.
Nigel Farage im Siegestaumel. Er ist der eigentliche Sieger des Abends.Reuters / Clodagh Kilcoyne

Farage sagt Labour den Kampf an

„Diese Labour-Regierung wird schon sehr bald in Schwierigkeiten stecken“, kündigte Farage mit Blick auf die siegreiche Oppositionspartei an. Er wolle Labour die Wähler abspenstig machen, zumal es schon bei dieser Wahl keinerlei Enthusiasmus für die Partei gegeben habe. Stattdessen sei Reform UK innerhalb von wenigen Wochen und ohne finanzielle Mittel „etwas wirklich Außerordentliches“ gelungen. „Wir sind in hunderten Wahlkreisen an zweiter Stelle gelandet.“

Tories schnitten so schlecht ab wie noch nie

Der Wählerbefragung zufolge verloren die Konservativen 241 Mandate und schnitten so schlecht ab wie noch nie seit der Parteigründung im Jahr 1834. Labour wiederum kam mit einem Plus von 209 Sitzen auf ihr historisch zweitbestes Ergebnis. Nur im Jahr 1997 hatte die Partei mit 418 Mandaten besser abgeschnitten.

UK Reform hinter Liberaldemokraten vierte Kraft

Drittstärkste Kraft im neuen Parlament dürften die Liberaldemokraten mit 61 Mandaten werden, um 50 mehr als bisher. Relativ größter Wahlverlierer sind der Wählerbefragung zufolge die schottischen Nationalisten, die nur noch zehn ihrer bisher 48 Mandate halten können. Die Grünen würden demnach einen Sitz auf zwei dazugewinnen. Einer Exit-Poll zufolge könnte Reform UK in der Endabrechnung bei 13 Mandaten liegen und damit hinter Labour, den Tories und den Liberaldemokraten viertstärkste Kraft im Unterhaus sein.

Die Mandate werden in 650 Wahlkreisen vergeben, wobei jeweils jener Kandidat zum Zuge kommt, der dort die relative Mehrheit der Stimmen erhält. Die auf andere Kandidaten entfallenden Stimmen verfallen.

Regierungswechsel wird rasch vollzogen

Der Wahlkampf von Labour-Chef Starmer konzentrierte sich auf das Versprechen, nach 14 Regierungsjahren der Tories einen „Wandel“ herbeizuführen. Damit spielte er auf die Wut vieler Briten über den schlechten Zustand des öffentlichen Dienstes etwa im Gesundheitswesen und über den seit Jahren sinkenden Lebensstandard an. Vielen Briten war es auch ein Anliegen, den regierenden Konservativen einen Denkzettel für den während ihrer Amtszeit erfolgten EU-Austritt Großbritanniens zu verpassen.

Der Regierungswechsel wird in Großbritannien rasch vollzogen. Sobald das amtliche Endergebnis feststeht, kommt es zur Machtübergabe. Schon im Laufe des Freitags dürfte Starmer von König Charles III. mit der Regierungsbildung beauftragt werden und anschließend bei einer Rede in der Downing Street seine Vision für Großbritannien darlegen.

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