Parlament

Kickl-FPÖ klopft an: So groß ist die Macht des Nationalratspräsidenten

Wolfgang Sobotka und Kanzler Karl Nehammer (beide ÖVP) in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause – und der vielleicht vorletzten des Nationalratspräsidenten.
Wolfgang Sobotka und Kanzler Karl Nehammer (beide ÖVP) in der letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause – und der vielleicht vorletzten des Nationalratspräsidenten.APA/Helmut Fohringer
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Ob des möglichen FPÖ-Wahlsiegs steht plötzlich das ungeschriebene Gesetz, dass die stärkste Partei das Amt des Nationalratspräsidenten bekommt, zur Diskussion. Aber lässt sich von dort aus wirklich die Demokratie blockieren?

Eigentlich hätte die Sitzung bereits beginnen sollen, aber am letzten Tag vor der Sommerpause nimmt man es auch im Hohen Haus nicht mehr so genau. Auf den Abgeordnetenbänken klaffen große Lücken an diesem Freitagmorgen, am Vortag zog sich die Sitzung bis nach Mitternacht. Während die Glocke am Gang, die den Sitzungsbeginn signalisiert, ertönt und hektisch Mandatare ihre Plätze einnehmen, lehnt Wolfgang Sobotka an der Regierungsbank und plaudert. Gerade ist Karl Nehammer in den Saal gekommen, Grund dafür ist die an den Kanzler gerichtete Fragestunde; auch ÖVP-Klubchef August Wöginger steht in der Runde. Bis Sobotka schließlich die Stufen zu seinem Platz – dem höchsten im Hohen Haus – emporsteigt und „die 274. Sitzung des Nationalrates hiermit eröffnet“.

So schreitet Sobotka, den ganzen Saal überblickend, zur Tat. Der Präsident zählt jene Abgeordneten auf, die „verhindert“ sind, er berichtet, dass die Tagesordnung „nicht beanstandet“ wurde, er begrüßt „Journalisten und Zuseher auf der Galerie“ und erklärt, dass die Debatte „bis 13 Uhr auf ORF2, auf ORF3 bis 19.15 Uhr“ und dann online übertragen werde. Auf seinem Platz stehen mehrere Wälzer, unter anderem die Geschäftsordnung des Nationalrates, zwei Bildschirme, zwei Mikrofone, eine Karaffe Wasser und eine ziemlich große Glocke.

Zeremonienmeister

Sobotka gibt bei der Fragestunde an Nehammer den Zeremonienmeister: Er ruft auf, wer dran ist, er weist Mandatare – wie etwa die Blaue Petra Steger – darauf hin, dass sie „ihre Minute für die Frage schon ausgeschöpft“ habe und bitte zum Schluss kommen solle. Wenn es laut wird im Saal, lässt er seine Glocke ertönen, und es wird wieder leise. Hilft auch das nichts, wie bei einem Zwischenruf-Reigen aus der SPÖ-Kurve, mahnt der frühere Lehrer: „Hören Sie, sind’s doch bitte so gut und lassen die Abgeordnete ausreden, Sie kommen ja eh nachher selbst dran.“ An sich gleitet Sobotka unbeschwert durch seine wahrscheinlich vorletzte Sitzung nach sieben Jahren an der Spitze des Nationalrates, er findet immer wieder Zeit für Gespräche mit Mitarbeitern und blättert durch seine Unterlagen. Als es für ihn selbst einmal kurz unangenehm werden könnte, weil die rote Vizeklubchefin von Sobotka einen Ordnungsruf für den Kanzler wegen dessen Aussagen über „Chaos“ im Parlament verlangt, reagiert er nicht – und die Sitzung nimmt ihren Lauf.

„Gegen System und Einheitsparteien“

Kurzum: Wer Wolfgang Sobotka an diesem Freitagvormittag bei der Arbeit zusieht, der würde eher nicht auf die Idee kommen, dass seine Nachfolge zum politisch Heikelsten in einem politisch ohnehin sehr heiklen Jahr zählt. Und demokratiepolitisch gerade viele ranghohe Menschen in diesem Land beschäftigt.

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