Initiative

Ein Euro für einen Quadratmeter Wildnis

Der Rothwald in Niederösterreich ist der größte Urwald der Alpen.
Der Rothwald in Niederösterreich ist der größte Urwald der Alpen.Lukas Aigelsreither
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Die Initiative Klimapartnerschaft will den wilden Wald vergrößern, um Emissionen zu binden, und sucht dafür die Unterstützung von Firmen. Die Waldbesitzer werden für die Zeit der Nichtnutzung entschädigt: Sie erhalten sogar mehr, als sie für das Holz bekämen.

Ein neu gepflanzter Baum für ein neues Paar Schuhe, ein Rucksack aus im Meer gefundenem Plastik oder ein Stück geretteter Regenwald für den Urlaubsflug: Es gibt scheinbar unzählige Möglichkeiten, das schlechte Klimagewissen zu beruhigen. Auch Firmen werben mit der Unterstützung von Klimaschutzprojekten, um ihren eigenen Fußabdruck zu kompensieren.

Das Problem dabei: Nur selten lässt sich nachvollziehen, was hinter toll klingenden Slogans steckt und was mit dem eingesetzten Geld wirklich geschieht. Das muss auch anders gehen, dachte Nina Schönemann. Die Wildbiologin im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal kümmert sich darum, dass das Gebiet wild und die Natur intakt bleibt. Da sie weiß, wie viel der unberührte Wald für das Klima und die Artenvielfalt bringt, will sie ihn vergrößern. Und zwar mithilfe jener Firmen und Privatpersonen, die einen Beitrag leisten wollen, der auch nachvollziehbar ist.

„Werden Kompensation brauchen“

„Alle Ökosysteme auf diesem Planeten werden die Emissionen, die wir verursachen, nicht binden können. Reduzieren ist das Wichtigste, aber egal, wie sehr wir uns bemühen, wir werden Kompensation brauchen“, sagt Schönemann. Vor zwei Jahren hat sie die Initiative Klimapartnerschaft gegründet. „Ich möchte damit vorzeigen, wie es gehen kann.“

Das Konzept: Die an die Verwaltung des Wildnisgebiets gekoppelte Initiative sucht Waldbesitzer, die Grundstücke freiwillig – und gegen ein gewisses Entgelt – außer Nutzung stellen. Und zwar nicht nur für einige, sondern für mindestens 80 Jahre – oder gleich für immer. Genug Zeit also, dass sich der davor forstwirtschaftlich genutzte Wald regenerieren, also renaturieren, kann. Denn ein naturnaher Wald, der quasi sich selbst überlassen wird, bindet viel Kohlenstoff. Im Gegensatz zu stark genutzten Gebieten besteht in Naturwäldern auch weniger die Gefahr, dass der gespeicherte Kohlenstoff nach kurzer Zeit wieder verloren geht. Die Klimapartnerschaft leiste damit auch einen Beitrag zu den EU-Renaturierungszielen, sagt Schönemann. „Aber wir sind nicht auf die Politik angewiesen und so viel flexibler.“

Wald bis 2100 „stillgelegt“

Fehlen noch die Geldgeber: Unterstützen Firmen oder Privatpersonen eine Klimapartnerschaft, wird für einen bestimmten Betrag eine gewisse Fläche an Wald renaturiert – und somit eine bestimmte Menge CO2 gebunden. Ein Quadratmeter Waldfläche „kostet“ bei der Klimapartnerschaft einen Euro pro Jahr, wenn sie bis 2100 stillgelegt wird, 1,20 Euro sind es bei einer immerwährenden Renaturierung. Oder umgekehrt: Ein Hektar renaturierte Waldfläche in der Nähe des Wildnisgebiets könne in dieser Zeit etwa acht Tonnen CO2 binden, so Schönemann. „Je nach Fläche, die wir uns genau ansehen, ist das etwas unterschiedlich.“ Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Österreicher verbraucht sechs Tonnen pro Jahr.

Was ist der Unterschied zu anderen Kompensationsprojekten? Nicht jede beliebige Firma kann eine Klimapartnerschaft abschließen. Schönemann verlangt von Partnern, dass diese ihre Umweltwirkungen nach anerkannten Normen messen, Voraussetzung ist etwa auch ein „klarer Plan zum Erreichen weiterer Verbesserungen“. Erst dann gibt es Gütesiegel und Bestätigung über das gebundene CO2. „Das kann man dann vermarkten und transparent darlegen. Greenwashing ist es ja nur, wenn ich etwas nicht offen darlege.“

Entschädigung für Nichtnutzung

Was haben die Waldbesitzer davon? Sie bekommen die Zeit der Nichtnutzung entschädigt, und zwar schon in den ersten zehn Jahren. „Sie kriegen sicher mehr, als sie über das Holz erwirtschaften können. Es ist kein schlechter Deal“, sagt Schönemann. Interessierte Waldbesitzer gebe es viele, an Fläche, die sie renaturieren könne, mangle es zurzeit auch nicht. Derzeit ist Schönemann auf der Suche nach Klimapartnern. „Wir könnten, wenn es Nachfrage gibt, einiges umsetzen.“

Auf einen Blick

Die Initiative Klimapartnerschaft will Wald renaturieren und so mehr Fläche für die Bindung von Emissionen und andere Ökosystemleistungen (Artenschutz, Wasseraufbereitung etc.) gewinnen. Als Geldgeber sucht sie dafür vor allem Firmen.

Für einen bis 1,20 Euro pro Jahr kann ein Quadratmeter bis 2100 oder idealerweise zeitlich unbegrenzt außer Nutzung gestellt werden. Waldbesitzer bekommen diese Summe zehn Jahre lang ausgezahlt. Mehr unter klimapartnerschaft.at.

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