KI

Kann künstliche Intelligenz Geldpolitik betreiben?

Die EZB sucht nach Möglichkeiten, KI sinnvoll einzusetzen. Doch Europa hinkt den USA hinterher.
Die EZB sucht nach Möglichkeiten, KI sinnvoll einzusetzen. Doch Europa hinkt den USA hinterher.Imago / Hannelore Foerster
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EZB-Direktor Piero Cipollone sieht in der KI Chancen, aber auch Gefahren.

Rom. Künstliche Intelligenz werde es Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) ermöglichen, effizienter zu arbeiten, stelle aber auch ein Risiko dar. Das sagte EZB-Direktor Piero Cipollone am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Rom. Kürzlich hatte die Bank für ­Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Zentralbank der Zentralbanken, moniert, dass die Notenbanken sich intensiver mit künstlicher Intelligenz (KI) auseinandersetzen müssen.

Europa hinkt nach

Cipollone meinte nun, KI habe im Idealfall positive Auswirkungen für Produktivität, Arbeitsmarkt und Preis­stabilität, doch könnte auch das Gegenteil der Fall sein. Das Potenzial von KI zur Steigerung der Produktivität sei zwar unbestreitbar, doch bestehe die Gefahr, dass der Großteil des durch KI geschaffenen Werts von einigen wenigen Unternehmen ausgeschöpft wird. Und diese Profiteure seien eher nicht in Europa zu finden, sondern in den USA. Cipollone verwies darauf, dass die „Magnificent Seven“-Firmen (Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla) höhere Jahresgewinne erzielten als alle börsennotierten Unternehmen in Frankreich, Deutschland und Italien zusammen. Aktuelle Daten deuteten zudem darauf hin, dass der Euroraum bei privaten ­Investitionen, Patentanwendungen und Veröffentlichungen zu KI hinter den USA zurückbleibe.

Was den Arbeitsmarkt betreffe, könnten neue Technologien bestimmte Formen von Arbeit ersetzen. Das könnte umgekehrt Preissenkungen bewirken und die Nachfrage in anderen Bereichen erhöhen, wo dann wieder Arbeitskräfte gefragt wären. Was schwerer wiege, müsse sich erst zeigen – ebenso wie die Folgen für den Bankensektor: Der Einsatz von KI könnte es Banken ermöglichen, effizientere Risikobewertungen durchzuführen. Doch gebe es auch Gefahren: Wenn einige wenige KI-Tools im Finanzsystem weit verbreitet sind, könnte das zu Herdenverhalten, Marktkorrelation, Täuschung, Manipulation und Interessenkonflikten führen.

Ob es mehr oder weniger Inflation gebe, hänge vom Arbeitsmarkt ab, aber auch von den Energiekos­ten: Einerseits könnten die Energiepreise durch ein verbessertes Netzmanagement und einen effizienteren Energieverbrauch sinken. Andererseits benötigen die KI-Anwendungen mehr Rechenleistung. Auch könnte die Investitionsnachfrage der Unternehmen wachsen. Sollte es hingegen zu Arbeitskräfteverlagerungen und steigender Einkommensungleichheit kommen, könnte das Vorsorgesparen zunehmen und weniger investiert werden.

Wird Betrug erleichtert?

KI könnte der EZB dabei helfen, Da­ten besser zu verarbeiten und zu analysieren, Daten zu erschließen und Muster zu erkennen. Auch könnte sie die Öffentlichkeitsarbeit erleichtern, indem sie Texte rascher übersetze oder je nach Zielgruppe adaptiere. Die Technologie könnte dazu beitragen, innovative Zahlungsdienste zu entwickeln. Sie könnte Teil von Frühwarnmodellen sein, die darauf abzielten, Finanzstabilitätsrisiken zu erkennen, bevor diese eintreten.

Doch sieht Cipollone auch Grenzen: KI verfüge nicht über die Fähigkeit zur Selbstreflexion, sie könnte selbstreferenziell werden und bestehende Vorurteile wiederholen. Sie werde die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes verstärken und könne auch genutzt werden, um falsche Informationen und Daten zu verbreiten, Betrug zu erleichtern oder Cyberangriffe zu starten. (Bloomberg/b. l.)

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