Kanada

Stronach wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht: „Es gab eine Art Flüsternetzwerk“

Frank Stronach am Mittwoch 6. Mai 2015, nach einer Mitgliederversammlung seiner damaligen Partei, dem „Team Stronach“.
Frank Stronach am Mittwoch 6. Mai 2015, nach einer Mitgliederversammlung seiner damaligen Partei, dem „Team Stronach“.APA / Comyan / Georg Hochmuth
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Laut Gerichtsdokumenten werden dem 91-jährigen Milliardär versuchte Vergewaltigung vorgeworfen. Die Vorwürfe reichen bis ins Jahr 1977 zurück. Aber auch im Vorjahr soll Stronach sexuelle Übergriffe verübt haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der austrokanadische Milliardär und Ex-Politiker Frank Stronach steht am heutigen Montag erstmals wegen Missbrauchsvorwürfen von zehn Frauen vor einem Gericht in Kanada. Dem 91-Jährigen werden laut Gerichtsdokumenten mehrere Straftaten zur Last gelegt, darunter versuchte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung. Stronach weist alle Vorwürfe zurück. Zu einem Prozess vor einer Jury dürfte es frühestens in einem Jahr kommen.

Beim heutigen Gerichtstermin muss Stronach noch nicht auf die Vorwürfe reagieren, zitiert das Ö1-„Morgenjournal“ Thomas Daigle, Reporter beim staatlich kanadischen TV-Sender CBC. Die Staatsanwaltschaft lege der Verteidigung nun erstmalig unter Ausschluss der Öffentlichkeit Beweise vor.

„Gehe nicht in die Nähe dieses Gästehauses“

Den Gerichtsdokumenten zufolge reichen die Anschuldigungen der versuchten Vergewaltigung bis ins Jahr 1977 zurück. Weitere Frauen werfen dem Milliardär Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe in den 1980er, 1990er- und frühen 2000er-Jahren vor. Einige Vorfälle ereigneten sich demnach in Toronto, weitere auch in der kanadischen Stadt Aurora, wo Stronachs ehemalige Firma Magna International ihren Hauptsitz hat. Auch im Frühjahr 2023 soll der Milliardär sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen verübt haben.

Die New Yorker Autorin Jane Boon berichtete im ORF-Radio von einem „bizarren Erlebnis“ mit Stronach. Die damals 19-jährige Studentin hatte den Milliardär in den 1980er-Jahren kennengelernt, weil ihre Universität mit Magna kooperierte. Der damals 54-Jährige habe sie mehrmals eingeladen, bei einem Managertreffen sei ihr Weinglas immer voll gewesen und Stronach habe darauf beharrt, dass sie in seinem Gästehaus übernachtet. „Es gab eine Art Flüsternetzwerk“, berichtete Boon weiter. „Erfahrene Sekretärinnen nahmen neue Mitarbeiterinnen zur Seite und sagten ihnen, ‚gehe nicht in die Nähe dieses Gästehauses‘.“ Es sei eine beunruhigende und unangenehme Erfahrung gewesen, „es war keine Vergewaltigung, aber es war Machtmissbrauch, es war ausbeuterisch und es war falsch“. Auch deshalb habe Boon danach die Autoindustrie verlassen.

Stronach, gebürtiger Steirer, hat in Nordamerika den Magna-Konzern aufgebaut, der vor allem in der Auto-Industrie reüssierte. In Österreich wurde der heute 91-Jährige durch sein Sport-Investment im Fußball und Pferdesport sowie als Gründer der kurzzeitig auch im Nationalrat vertretenen Partei Team Stronach einer breiten Öffentlichkeit bekannt. (APA/AFP)

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