Klimakrise

4,3 Billionen: Warum Fossile Industrien im Geld schwimmen

Ein Projekt unter vielen: Öl-Exploration in  Uganda; in weiterer Folge soll eine Pipeline durch den Urwald an die tansanische Küste verlegt werden.
Ein Projekt unter vielen: Öl-Exploration in Uganda; in weiterer Folge soll eine Pipeline durch den Urwald an die tansanische Küste verlegt werden.APA / AFP / Badru Katumba
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Die fossilen Industrien agieren auf einem fetten Finanzpolster: Mindestens 4,3 Billionen US-Dollar befeuern Kohle, Öl und Gas. Das zeigt eine Auswertung, die „urgewald“ und 13 weitere Organisationen zusammengestellt haben.

4,300.000.000.000 Dollar: Auf diese Summe kommen die Rechercheure von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in Datenbanken und auf Homepages gestöbert haben. Ihre Fragestellung: Wie viel Geld fließt derzeit in fossile Energien (als Aktie oder Anleihe). Diese 4,3 Billionen ist etwas mehr als das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands ausmacht.

In gut vier Monaten wird es bei der nächsten Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku wieder ums Geld gehen – um Geld, das für die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen nötig ist; um Geld für die Anpassung an den Klimawandel und schließlich auch um Geld, mit dem die Kosten durch Verluste und Schäden, die durch den Klimawandel in jenen Ländern des globalen Südens entstehen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, aber am stärksten darunter leiden. Es geht auch hier um große Summen, um Aber-Milliarden.

Ungebrochene Suche nach Öl, Gas und Kohle

Aber solche Beträge über die bei vielen Klimakonferenzen gesprochen worden ist und über die in Baku verhandelt werden wird, sind nur ein winziger Bruchteil, wenn man den Vergleich zu den Beträgen anstellt, die weltweit in fossile Industrien fließen – in Konzerne also, deren Business in der Förderung und Verarbeitung von Kohle, Öl und Gas besteht; oder darin, die Infrastruktur dafür bereitzustellen, im Pipeline-Bau zum Beispiel.

Es sind nur wenige Länder, in denen der Geldhahn weit offen ist: USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Indien, China, Norwegen, Schweiz, Frankreich und Deutschland. Diese zehn Staaten sind für 91% der institutionellen Investitionen in fossile Industrien verantwortlich. Mehr als die Hälfte wird dabei in den USA im fossilen Sektor veranlagt.

Die Finanzdaten wurden im Mai 2024 vom Institut Profundo in den Niederlanden erhoben, das dafür die Finanzdatenbanken Refinitiv und EMAXX durchackert sowie nach den Offenlegungen von Pensionsfonds gesucht hat. Die Daten für die Kohle-, Öl- und Gasindustriedaten stammen aus den „urgewald“-Datenbanken „Global Coal Exit List“ (GCEL) und „Global Oil & Gas Exit List“ (GOGEL). Aus diesen Branchen sind Zahlen und Fakten von etwa 2900 Unternehmen gespeichert. 2048 von ihnen erkunden oder erschließen neue fossile Vorkommen oder planen den Bau neuer Infrastruktur dafür.

Österreich auf Rang 40

Moritz Schröder-Therre, Sprecher von „urgewald“: „Wir decken mit unserer Recherche weit über 90 % sämtlicher Aktien- und 20 bis 30 % Prozent sämtlicher Anleihe-Investitionen von Institutionellen Investoren ab.“ Mehr sei derzeit nicht möglich, weil die Transparenz der Branche zu wünschen übrig lasse.

Fast vier Billionen Dollar, die bei den Recherchen von „urgewald“ und 13 weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen, ermittelt worden sind, gehen an Unternehmen, die fossil expandieren. Katrin Ganswindt, Leiterin der Finanzrecherche bei „urgewald“, fordert: „Die Investoren müssen dem fatalen fossilen Ausbau sofort einen Riegel vorschieben. Wenn Institutionelle Anleger weiterhin expandierende Kohle-, Öl- und Gasunternehmen unterstützen, ist der rechtzeitige Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unmöglich. “

20 Investoren im Ranking der Top 30 haben ihren Firmensitz in den USA und sind für etwa die Hälfte der Gesamt-Investitionen von 4,3 Billionen verantwortlich. Die drei größten Investitionsvolumina machen insgesamt fast eine Billion Dollar aus; sie gehen aufs Konto von Vanguard, BlackRock und State Street. Mit 70 Milliarden hat auch der norwegische Pensionsfonds eine wichtige Rolle. Im Vergleich der Herkunftsländer stehen die USA unangefochten an erster Stelle, vor Kanada, Japan, Großbritannien, Indien, China, Norwegen, Schweiz, Frankreich und Deutschland. Österreich liegt auf Rang 40 (mit 1,522 Mrd. $).

Noch einmal die Expertin Ganswindt: „Viele dieser Investoren geben an, sich bei den Unternehmen für mehr Klimaschutz einzusetzen, aber ihre Bemühungen haben kaum Effekt. Über 95 % der Kohleunternehmen haben kein Datum für ihren Kohleausstieg festgelegt und 40 % planen immer noch die Entwicklung neuer Kohleanlagen. Investitionen in diese Unternehmen blockieren die Energiewende.“ Es seien insgesamt 5260 Investoren, die an Kohle-Projekten festhielten, drei Jahre nach der Klimakonferenz in Glasgow 2021, bei der ein schrittweiser Ausstieg aus Kohle beschlossen worden ist.

„Gefesselt an an eine CO2-intensive Zukunft“

Aus der Perspektive des Klimaschutzes stimmt mehr als nachdenklich, dass „96 % der Öl- und Gasproduzenten noch immer neue Öl-und Gasreserven erkunden und erschließen.“ Außerdem habe die Branche ihre jährlichen Investitionen für Exploration nach neuen Öl- und Gasvorkommen seit 2021 um mehr als 30 % erhöht. Ganswindt: „7245 Institutionelle Investoren fesseln uns an eine CO2-intensive Zukunft.“

Alle Zahlen über die Investoren der fossilen Industrien

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