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Frauen in der Logistik: Status Quo und Chancen

Vor allem als Fahrerinnen sind Frauen in der Logistik noch selten.
Vor allem als Fahrerinnen sind Frauen in der Logistik noch selten. Getty Images
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Um mehr Frauen in die stark vom Arbeitskräftemangel geschüttelte männerdominierte Transport- und Logistikbranche zu bringen, braucht es eine entsprechende Unternehmenskultur.

Als ich begonnen habe, mit dem Lkw zu fahren, musste ich aufstehen, um das Kupplungspedal treten zu können“, erinnert sich Beate Färber-Venz, Geschäftsführerin von Venz Logistik und Obfrau der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Niederösterreich.

Heute, mehr als 30 Jahre später, sei dies dank der Technik nicht mehr der Fall. „Ein Lkw fährt sich jetzt wie ein Pkw“, sagt die Unternehmerin. Doch das war nicht die einzige Herausforderung, die sie vor mehr als 30 Jahren bewältigen musste: „Mich hat schon einmal jemand um einen Kaffee geschickt“, erzählt sie.

Im Laufe der Jahre haben allerdings immer mehr Frauen in der Sparte Fuß gefasst, ihr Anteil liegt aktuell bei rund 34 Prozent. Denn das Interesse an der Branche ist durchaus gegeben: So halten sich weibliche und männliche Studierende in den Studiengängen Logistik und Transportmanagement an der FH des BFI Wien weitgehend die Waage, auch 43 Prozent der heimischen Lehrlinge in der Spedition und Logistik sind weiblich.

In der Regel sind Frauen im Management oder Backoffice der Unternehmen zu finden, weniger in der Disposition und noch seltener in der Werkstatt, im Lager oder gar am Steuer. „Bei uns sind 50 Fahrer beschäftigt. Aber davon ist nur eine weiblich. Dabei bin ich immer auf der Suche nach Fahrerinnen“, erzählt Färber-Venz. Dass sich kaum welche bewerben, liege zum einen daran, dass die Arbeit in Spedition und Logistik nach wie vor im Ruf stehe, körperlich anstrengend zu sein. „Dabei gibt es mittlerweile viele technische Hilfsmittel, um sie zu erleichtern“, weiß Färber-Venz.

Zum anderen würden viele Frauen die Überzahl der männlichen Kollegen scheuen. „Aber angesichts des Arbeitskräftemangels dürfen Frauen nicht ausgespart werden“, sagt Doris Pulker-Rohrhofer, technische Geschäftsführerin des Hafen Wien und wie Färber-Venz Vorstandsmitglied im DamenLogistikClub. Denn auch die heimischen Transport- und Logistik­betriebe stöhnen unter einem massiven Personalmangel: Laut Arbeitskräfteradar 2023 des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW) verzeichnen 74 Prozent der Unternehmen in der Sparte Transport und Verkehr einen Arbeits- und Fachkräftemangel. Eine Entspannung ist nicht in Sicht: Die Unternehmen erwarten mit 63 Prozent in den kommenden drei Jahren die stärkste branchenbezogene Verschärfung des Arbeits- und Fachkräftemangels noch vor der Tourismus- und Freizeitwirtschaft (60 Prozent) sowie Gewerbe und Handwerk (55 Prozent).

Pin-up-Kalender muss weg

Um mehr Frauen, besonders als Fahrerinnen oder fürs Lager, zu gewinnen, braucht es das entsprechende Umfeld. „Will man ein frauenfreundliches Klima schaffen, ist es nicht mit einer zweiten Toilette oder einem Waschraum getan. Vielmehr geht es darum, das Miteinander der Geschlechter, gegenseitiges Verständnis und Unterstützung zu fördern“, sagt Färber-Venz.

Dazu gehöre auch, den männlichen Mitarbeitern nahezulegen, auf sexistische Bemerkungen, Witze, Pin-up-Kalender und ähnliches zu verzichten. „Da muss man wirklich dran arbeiten“, weiß sie. Gerade auch, weil manche Lkw-Fahrer ein noch veraltetes Rollenbild vertreten würden. „Blöde Schmähs und so weiter gehen gar nicht, da gibt es bei uns eine klare rote Linie“, sagt Pulker-Rohrhofer.

Vernetzung und Mentoring

In regelmäßigen Meetings und persönlichen Gesprächen würden die Führungskräfte entsprechend sensibilisiert, um die Vorgaben dann weiterzutragen. „Das Thema Gleichstellung und Diversität muss von ganz oben kommen“, betont Pulker-Rohrhofer. Nicht zuletzt, da gemischte Führungsteams, wie im Hafen Wien, eine wichtige Vorbildfunktion hätten, um zu zeigen, wie gemeinsam gearbeitet werden könne. Wichtig sei weiters, weibliche Mitarbeiter als Role Models vor den Vorhang zu holen. „Bei uns gibt es beispielsweise eine Hafenmeisterin“, erzählt sie.

Ein Ansatz könne sein, mehrere Frauen gleichzeitig in den Betrieb zu holen. „Wahrscheinlich müssten mit einem Schlag gleich 20 Prozent der Mitarbeiter Frauen sein, dann würde sich etwas ändern. Ich bin die Letzte, die eine Quote unterstützt, aber ohne eine Quote wird es wahrscheinlich nicht gehen“, so Färber-Venz.

Jungen Frauen den Einstieg in die männerdominierte Branche zu erleichtern und die Vernetzung zu fördern, dazu dient der 2014 gegründete DamenLogistikClub (DLC), in dem mehr als 100 Entscheidungsträgerinnen aus Transport und Logistik, Industrie und Handel sowie Interessenvertretungen und Ministerien vertreten sind. Ein Mittel dazu ist etwa ein 18 Monate laufendes Mentoringprogramm für Studierende und Absolventinnen der Studiengänge Logistik und Transportmanagement an der FH des BFI Wien, das heuer in den dritten Durchgang startet.

Female truck driver holding a tablet PC working in transportation industry. Portrait of a young woman trucker with her vehicle at daytime.
Female truck driver holding a tablet PC working in transportation industry. Portrait of a young woman trucker with her vehicle at daytime.Brothers91

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