Neue Plattform

Frauenministerin Raab spannt „Dach“ über den Gewaltschutz

Raab (r.) am Donnerstag im Kanzleramt.
Raab (r.) am Donnerstag im Kanzleramt.APA/Georg Hochmuth
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Mit rund 30 Institutionen erarbeitete die Bundesregierung eine neue Strategie gegen Gewalt an Frauen. Hilfsangebote sollen ausgebaut und noch bekannter werden.

Viel Eigenlob seitens der Bundesregierung gab es in der Vergangenheit für ihre Maßnahmen beim Gewaltschutz. Kritik aber kam dazu ebenfalls reichlich, allen voran von der SPÖ, die eine fehlende Strategie im System ausmachte. Zuletzt tat das auch der Rechnungshof, der im Sommer 2023 in einem Bericht eine Koordinierungsstrategie einmahnte. Diese wurde nun am Donnerstag im Bundeskanzleramt präsentiert. Vertreterinnen der Beratungsstellen und Gewaltschutzzentren präsentierten mit Frauenministerin Susanne Raab und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) die Ergebnisse, die nach Dutzenden Workshops, Gesprächsrunden und Vernetzungstreffen nun in ein 100-seitiges Papier geflossen sind. Raab sprach von einer „Allianz“ für den Gewaltschutz. „Uns alle eint die Vision einer gewaltfreien Gesellschaft für Frauen und Mädchen“, sagte sie. Kernelement ist die neue „Nationale Plattform Gewalt gegen Frauen“, die als interdisziplinäres „Dach“ alle Ebenen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vernetzen und Hilfsangebote insgesamt bekannter machen soll.

1 Welche Maßnahmen für den Gewaltschutz hat die Bundesregierung getroffen?

Nachdem Gewaltschutz als Querschnittsmaterie von unterschiedlichen Ressorts behandelt wird, sind auch die Maßnahmen über unterschiedliche Ressorts verstreut, weshalb die Koordinierungsstelle Synergien schaffen soll. Das Frauenressort selbst ist für die Frauen- und Mädchenberatungsstellen sowie die Gewaltschutzzentren zuständig. Insgesamt stieg das Frauenbudget seit 2019 jährlich von rund zehn Millionen Euro auf 33,6 Millionen Euro an (2024), Beratung gibt wird nun in jedem österreichischen Bezirk angeboten.

Im Innenressort wurde ebenfalls an mehreren Schrauben gedreht. Seit 2020 sind die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen gesetzlich verankert, die sich seither beinahe verzehnfacht (234) haben. Die Zahl der Präventionsbeamten wurde von 500 auf 1200 aufgestockt. Das Betretungs- und Annäherungsverbot wurde 2021 ebenfalls reformiert, so können Gefährder nun schneller und effektiver weggewiesen werden. Das dürfte funktionieren: Seit der Reform stieg die Zahl der ausgesprochenen Betretungsverbote von 11.652 (2020) auf zuletzt 15.115 (2023) sprunghaft an. Gefährdern wird seit 2022 nach dem Betretungsverbot automatisch auch ein Waffenverbot ausgesprochen. Mit den Gewaltambulanzen in den Spitälern der Landeshauptstädte wurden Stellen geschaffen, die die Verurteilungsrate bei (sexuellen) Gewaltdelikten durch die Justiz erhöhen sollen.

2 Was bringt die neue Koordinierungsstrategie in der Praxis?

Rund 30 Organisationen sind Mitglieder des Dachgremiums, sie erstrecken sich von den Ministerien (Frauen, Bildung, Integration, Familien, Gesundheit, Soziales, Innen, Justiz und Außen) bis hin zu den Landesregierungen, dem Gemeindebund, Forschungseinrichtungen, Gewaltschutzzentren, den Autonomen Frauenhäusern, bis hin zu den Männerberatungsstellen. Die Plattform soll die Vernetzung ermöglichen, die es in den vergangenen Monaten bei der Erarbeitung der Strategie entstanden ist, wie Karin Gölly, Obfrau des Bundesverbands der Gewaltschutzzentren, betonte. Insgesamt waren 200 Akteurinnen und Akteure eingebunden. Ein zentrales Anliegen sei der fachliche Austausch, um voneinander zu lernen. Ein weiterer Fokus liege auf der Kommunikation mit den Klientinnen. Was PR und Marketing anbelangt, werde über einen gemeinsamen Auftritt und gemeinsame Slogans nachgedacht. „Jeder Mensch in Österreich soll wissen, dass es ein flächendeckendes Angebot für Gewaltbetroffene gibt“, sagte Gölly.

3 Wie viele Frauen wurden 2024 bislang getötet?

2024 schockierten bereits brutale Tötungsdelikte, etwa an jenem Februarwochenende, an dem insgesamt fünf Frauen getötet wurden. Zahlen des Innenministeriums zufolge wurden im heurigen Jahr bislang insgesamt zwölf Frauen ermordet. Die Opfer waren 13 bis 90 Jahre alt. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 18 Fälle. Betretungs- und Annäherungsverbote gab es im ersten Halbjahr 2024 bislang 7328. Das entspricht einem etwas geringeren Wert zum Vergleichszeitraum 2023. Hinzu kommt eine Reform des Waffengesetzes. Seit Jahresbeginn wurden 119 sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen abgehalten.

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