Die Staaten sind mächtige Akteure auch auf dem Bitcoin-Markt. Am reichsten sind die USA, gefolgt von Großbritannien.
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Deutschland ist kein Bitcoin-Wal mehr

Deutschland bzw. Sachsen hat einen Großteil seiner 50.000 Bitcoin auf den Markt geworfen, was dem Preis schwer zusetzte. Doch wer hat noch so viele Bitcoin?

Planlos“, „verrückt“, „dumm“. Die Attribute, mit denen die Vorgangsweise der sächsischen Behörden in sozialen Medien bedacht wurde, waren nicht schmeichelhaft. Der Freistaat hatte 50.000 Bitcoin erhalten, die man bei einem illegalen Film-Streaming-Anbieter beschlagnahmt hatte. Da der Inhaber, um Strafmilderung zu erhalten, den Behörden die Zugangsdaten verraten hatte, konnten sie die Bitcoin nun verkaufen. Und sie taten es. Binnen weniger Tage trennte sich das Land von seinen Bitcoin, was auch negative Auswirkungen auf den Preis der Kryptowährung hatte. Das Land habe sich selbst den Preis ruiniert, meinen Kritiker. Die parteilose Bundestagsabgeordnete Joana Cotar hatte die sächsische Regierung vergeblich aufgefordert, die Verkäufe zu stoppen und die Bitcoin als strategische Reservewährung zu halten. Der US-amerikanische Bitcoin-Star Michael Saylor twitterte ausnahmsweise auf Deutsch: „Du verkaufst deine Bitcoin nicht.“

Doch das Land verkaufte. Zu den eifrigsten Käufern der vergangenen Tage zählten indes vor allem die Bitcoin-ETFs in den USA, die im Juni mit Abflüssen zu kämpfen gehabt hatten. Jetzt verzeichneten sie wieder deutliche Zuflüsse.

Wale waren sehr aktiv

Sprich: Sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite waren Wale zuletzt sehr aktiv. Bitcoin-Wale sind Menschen, Institutionen oder Firmen, die so viele Bitcoin halten, dass jeder Kauf oder Verkauf den Markt massiv beeinflussen kann. Die Definition ist nicht eindeutig, manche nennen Inhaber von 1000 Bitcoin (53 Millionen Euro) bereits Wale, andere meinen, das sei erst bei höheren Beträgen der Fall.

Der Staat mit den meisten Bitcoin sind die USA, die trotz kürzlich erfolgter Verkäufe noch immer auf Beständen von 213.000 Bitcoin im Wert von 12,6 Milliarden Dollar sitzen, wie aus Daten von Arkham hervorgeht. Auf Platz zwei liegt Großbritannien mit 61.000 Bitcoin im Wert von 3,5 Milliarden Dollar. Die Bitcoin werden meist von Behörden gehalten, nicht von Notenbanken. Deutschland belegte am Freitagnachmittag noch Platz drei mit zuletzt 6900 Bitcoin, am Freitagabend waren aber auch diese Bitcoin an Börsen zum Verkauf verschoben worden. Nun liegt El Salvador auf Platz drei. Der zentralamerikanische Staat hat Bitcoin im Jahr 2021 zum gesetzlichen Zahlungsmittel neben dem US-Dollar gemacht und hält selbst 5810 Bitcoin im Wert von 335 Millionen Dollar (Stand: 12. Juli). Täglich kauft das Land eine Bitcoin-Einheit dazu.

Als Bitcoin-reichste Einzelperson gilt Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto, der auf mehreren Wallets mehr als eine Million Bitcoin (53 Mrd. Euro) hat und immer wieder Spenden von dankbaren Bitcoin-Fans erhält: Seine Wallets verzeichnen noch Zuflüsse. Abflüsse gab es schon lang nicht mehr, Satoshi ist verschwunden und rührt seine Bestände seit Jahren nicht an.

Insgesamt gibt es laut Bitinfocharts.com derzeit mehr als 42 Millionen Bitcoin-Adressen, auf denen Bitcoin im Wert von mindestens einem Dollar liegen. Wie viele Menschen tatsächlich Bitcoin halten, geht aus dieser Zahl aber nicht hervor. Eine Person kann über mehrere Bitcoin-Adressen verfügen, manche Adressen sind hingegen Kryptobörsen zugeordnet, die Bitcoin auf diesen Adressen gehören mehreren Einzelkunden. So handelt es sich bei den größten Adressen, auf denen 348.597 und 180.010 Bitcoin liegen, um Coldwallets der Börsen Binance und Bitfinex.

Auf 23 Prozent der Adressen liegen mehr als 0,01 Bitcoin (520 Euro). Wale (mit mehr als 1000 Bitcoin) gibt es etwa 2000. Wer sie sind, weiß man oft nicht. Bitcoin-Transaktionen sind pseudonym. Sie können zwar getrackt werden, einem konkreten Inhaber zugeordnet werden können sie aber erst, wenn dieser Handlungen setzt, sie ihn identifizierbar machen, also etwa Bitcoin in Euro tauscht oder eine Transaktion bekannt gibt etc.

Damoklesschwert Mt.Gox

Sechs Prozent aller Bitcoin müssen erst geschürft werden, das wird bis zum Jahr 2140 der Fall sein. Etwa vier Prozent sind in den Händen von Bitcoin-ETFs: Blackrock, Fidelity und Grayscale halten Bitcoin im Wert von je 16 bis 18 Milliarden Dollar. Insgesamt verwalten die Bitcoin-ETFs 60 Milliarden Dollar in Bitcoin. Das Bitcoin-reichste Unternehmen, das weder ein Fondsanbieter noch ein Vermögensverwalter oder eine Kryptobörse ist, ist die Softwarefirma MicroStrategy von Michael Saylor. Das Unternehmen hat inzwischen 4,6 Milliarden Dollar an Bitcoin in seiner Bilanz stehen.

Doch wenn nun Sachsen alle seine Bitcoin verkauft hat, ist dann Schluss mit dem Verkaufsdruck? Ein Damoklesschwert gibt es noch: Die Anleger der 2014 pleitegegangenen Kryptobörse Mt.Gox erhalten schrittweise 140.000 Bitcoin zurück. Sollten viele von ihnen verkaufen, könnte das den Preis wieder unter Druck bringen.

Auf einen Blick

Der Bitcoin-Preis ist zuletzt deutlich unter Druck geraten. Im März hatte er ein Rekordhoch von 74.000 Dollar erreicht, zuletzt wurde eine Einheit um 58.000 Dollar gehandelt. Das ist immer noch um knapp 90 Prozent mehr als vor einem Jahr. Zu den Gründen für den jüngsten Abverkauf zählen Verkäufe des Freistaats Sachsen sowie die Sorge, dass sich Mt.Gox-Anleger, die nach Jahren endlich über ihre Bitcoin verfügen können, in großem Stil von diesen trennen.

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