Psychologie

Spiele am Tablet sollen mentale Gesundheit stärken

Das Training basiert auf Serious Games. Das sind Anwendungen, die Spielcharakter haben, aber spezifische Lernziele verfolgen und einen gewissen Unterhaltungswert aufweisen. 
Das Training basiert auf Serious Games. Das sind Anwendungen, die Spielcharakter haben, aber spezifische Lernziele verfolgen und einen gewissen Unterhaltungswert aufweisen. Imago / Imagebroker/Oleksandr Latkun
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Long-Covid-Erkrankten, die oft an psychischen Problemen leiden, könnte eine neue App helfen. Die Neurowissenschaftlerin Marisa Koini entwickelte gemeinsam mit Start-ups digitale Spiele als kognitives Training.

Brain Fog (Gehirnnebel) lautet der medizinische Fachbegriff für Probleme im mentalen Bereich, die vielen Long-Covid-Erkrankten das Leben erschweren. Dazu gehören Konzentration- und Wortfindungsstörungen, Verwirrtheit, Müdigkeit sowie Schwindel und das Gefühl, geistig „benebelt“ zu sein. Diese Symptome bleiben nach Corona-Infektionen bei einem Teil der Betroffenen als Langzeitfolgen. Sie können zu vermehrten Krankenständen oder verminderter Erwerbstätigkeit führen.

In der Wissenschaft besteht Einigkeit, dass die beeinträchtigte Kognitionsleistung dieser Patientinnen und Patienten durch regelmäßiges kognitives Training positiv beeinflusst werden kann. Dafür eine App mit aktivierenden Spielen zu nutzen, ist ein Behandlungsansatz, den Marisa Koini von der Universitätsklinik für Neurologie der Med-Uni Graz in einer Studie evaluierte. Die Neuropsychologin entwickelte zusammen mit zwei Grazer Start-ups eine App, die tägliche kognitiv aktivierende Trainingseinheiten sowie deren Monitoring ermöglicht.

Unterhaltung und Lernen

Das Training basiert auf sogenannten Serious Games. „Das sind im Grunde Anwendungen oder Interventionen, die Spielcharakter haben, aber primär spezifische Lernziele verfolgen und dabei einen gewissen Unterhaltungswert und/oder Realitätsbezug aufweisen“, erklärt Koini.

Die Effekte wurden in einer randomisiert kontrollierten Studie untersucht. Die Patientinnen und Patienten wurden also per Zufallsprinzip einer Interventions- oder Kontrollgruppe zugeordnet. „Die Interventionsgruppe bekam ein dreimonatiges Tablet-basiertes Training mit Übungen wie Memory, Rechnen, Wörter-Vervollständigen“, sagt Koini. „Da Long-Covid-Patientinnen und -Patienten häufig unter Fatigue leiden, waren zur freiwilligen Durchführung auch Entspannungs- und Atemübungen in die App eingebaut.“

Die beiden teilnehmenden Firmen waren von Beginn an in das Projekt eingebunden. Die DigitAAL Life GmbH ist auf digitale Lösungen für den Gesundheits- und Pflegebereich spezialisiert (und von der Austria Wirtschaftsservice AWS gefördert): Das Team programmierte die App und schulte die Probandinnen und Probanden ein. Rekrutiert wurden diese durch die Probando GmbH, eine prämierte Onlineplattform für Teilnehmende an klinischen Studien.

Die Neurologie der Med-Uni Graz wiederum führte die Untersuchungen und die Evaluierung des Trainingsprogramms durch. „Das Training sorgte in einem Subtest, bei dem es um das Merken von Wörtern ging, für eine konstante Gedächtnisleistung in der Interventionsgruppe. Die andere Gruppe hingegen verschlechterte sich in diesen drei Monaten signifikant“, sagt Koini. Außerdem hätten sich die subjektiven kognitiven Beeinträchtigungen sowie die Depressivität in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe reduziert.

Müde und mangelnde Energie

Ein weiteres Ergebnis der Studie bezieht sich auf Patientinnen und Patienten, die unter Fatigue leiden, also unter außerordentlicher Müdigkeit und mangelnder Energie auch nach angemessenen Ruhepausen. „Im Vergleich zu jenen, die nicht darunter leiden, weisen sie Änderungen in der funktionellen Konnektivität auf“, sagt die Psychologin. „Das heißt, dass sich bei ihnen etwas im Gehirn umzustrukturieren scheint. Ob dies die Ursache oder die Wirkung von Fatigue ist, kann aber nicht beantwortet werden.“

IN ZAHLEN

40.000 Personen litten in Österreich im Jahr 2021 an Long Covid (aktuelle Zahlen fehlen).

20,4 Prozent der Patientinnen und Patienten sind nach einer Covid-Infektion von mentalen Defiziten und Brain Fog betroffen (Metastudie mit über 41.000 Long-Covid-Betroffenen in General Hospital Psychiatry Vol. 88, 2024).

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