Aufgeschnappt

Über den Schienenersatzverkehr jammere ich nicht mehr

Gäste der Ambani-Merchant-Hochzeit in Mumbai.
Gäste der Ambani-Merchant-Hochzeit in Mumbai. Imago/Hindustan Times
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Mit den vielen Baustellen gestalten sich die Fahrten in Wien etwas mühsam. Man darf aber wirklich nicht jammern, in Mumbai zum Beispiel wurde die halbe Stadt für eine Hochzeit gesperrt.

Es ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Wien derzeit etwas kompliziert. Diverse Strecken werden saniert, diverse Straßenbahnen brauchen Pflege, der Bus, auf den ich morgens angewiesen bin, kommt sowieso nur dann, wenn man überzeugend betet. Und was mit dem Schienenersatzverkehr los ist, brauche ich auch niemandem zu erzählen. Die Türen der Straßenbahnen und Busse sind noch gar nicht aufgegangen, und man weiß schon: Da drin spielt sich ein Gemälde von Hieronymus Bosch ab.

Vor einigen Tagen habe ich mich gemeinsam mit anderen Mitwienern in einen Bus reingewürgt, der komplett voll war mit menschengroßen Rucksäcken einer spanischen Touristengruppe. Während der Fahrt mussten anwesende Fahrgäste und Taschen dringend Platz schaffen, denn es stellte sich heraus, irgendwo da unten winselt ein Hund. Das Frauchen beugte sich umständlich zu dem Mops herunter und hat dann, nach einigen tröstenden Worten, sehr expressiv dem Hund die Nase geputzt. „Schnäuzen!“, hat sie gerufen, und der Hund hat geradezu vorbildlich in das Taschentuch geröchelt. Ob das Viecherl die Grippe habe, fragte ein genervter und in die Ecke gedrängter Mann das Frauchen, worauf sie ihm empfahl, „die Pappn“ zu halten. Insgesamt also eine gelungene Szene aus dem Wiener Alltag für die spanischen Rucksäcke.

Aber gut, das Verkehrsnetz funktioniert ja trotz allem wunderbar. Ich war zufällig auch mit dem Rad in der Innenstadt unterwegs, als die Straßen kurzzeitig für den Besuch des indischen Premiers, Narendra Modi, gesperrt wurden – es ging alles ganz schnell und unkompliziert.

In Indien scheint indessen die Hochzeitssaison angebrochen zu sein. Seit Wochen spült mir Instagram Bilder von pompösen Feiern in mein Feed. Spektakuläre Shows, glitzernde Kleider, opulent geschmückte Säle, einflussreiche Stars aus den beiden Woods, Holly und Bolly. Ja, und irgendwann stellt sich heraus: Das sind gar nicht hundert Feste, sondern ein einziges. Anant Ambani und Radhika Merchant, ihre Eltern sind nicht arm, haben im März mit einer „Vorparty“ ihre Hochzeitsmona­te (!) eingeläutet. Es gab in der Zwischenzeit Kreuzfahrten, Dinners, ein paar kleinere Side-Events sowie Auftritte von Rihanna, Justin Bieber und den Backstreet Boys, die sich offenbar eigens aus dem Boygroup-Friedhof exhumiert haben. Die eigentliche Hochzeit fand am Wochenende statt – und halb Mumbai wurde abgeriegelt. Da kann man echt nicht über Schienenersatzverkehr am Schottenring jammern.

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