Architektur

Hermann Czech erhält Großen Österreichischen Staatspreis

Hermann Czech.
Hermann Czech.APA / BMKÖS / Gabriele Kaiser
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Der 87-Jähriger erhält die höchste künstlerische Auszeichnung der Republik. Er verewigte sich mit zahlreichen Bauten in Wien: vom Sigmund Freud Museum über eine Schule in Simmering bis zum Hotel Messe Wien.

Der Wiener Architekt Hermann Czech (87) erhält den Großen Österreichischen Staatspreis 2024, wie Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) am Montag bekannt gab. „Czech steht mit seinen Arbeiten in mittelbarer Nachfolge von Adolf Loos. In vergleichbarer Weise gelingt ihm die subtile Verbindung von historisch Vorhandenem mit dem, was zeitgemäß gebraucht wird“, heißt es in der Begründung des Kunstsenats, der ihn vorschlug. Die höchste Auszeichnung der Republik für ein künstlerisch herausragendes Lebenswerk ist mit 30.000 Euro dotiert und wird auf Vorschlag des Österreichischen Kunstsenats vergeben.

Czech habe schon früher als sein Umfeld den Ton zur Erneuerung der europäischen Metropolen gefunden. „Exemplarisch führt er in seinen Projekten vor, dass nicht die Form der vordergründige Träger einer Idee ist, sondern alle räumlichen Komponenten in einer gemeinsamen atmosphärischen Qualität aufzugehen haben“, würdigte ihn der Senat.

Generationen von Architekten mitgeprägt

Für Mayer besticht sein Werk „durch subtile Zurückhaltung und hat doch vor allem in der Bundeshauptstadt bleibende Spuren hinterlassen“. Er habe als Denker, Lehrer und Ausstellungsgestalter ganze Generationen von österreichischen Architektinnen und Architekten mitgeprägt, so die Kulturstaatssekretärin.

Czech, geboren am 10. November 1936 in Wien, ist nach wie vor umtriebig. Im Vorjahr zeigte er mit der Gestaltung des Österreich-Pavillons bei der Architekturbiennale von Venedig auf. Dabei machte er gemeinsam mit dem Architekturkollektiv AKT auf die Raumpolitik der Biennale aufmerksam, die sich stetig ausbreitet. Die Idee eines Mauer-Durchbruchs wie auch einer Brückenkonstruktion wurde ihm verwehrt, stattdessen setzte er unter dem Titel „Partecipazione / Beteiligung“ etwa auf eine halb errichtete Brücke, die einen Blick in den benachbarten Stadtteil erlaubte.

Brücke im Stadtpark, Schule in Simmering, Hotel Messe Wien

2020 verantwortete Czech die Neugestaltung des Sigmund Freud Museums. Aber auch an weiteren Orten in der österreichischen Bundeshauptstadt ist seine architektonische Handschrift zu finden: Er gestaltete etwa die Blockbebauung an der Wendeanlage der U3 in Wien-Ottakring (1997), eine Fußgängerbrücke im Wiener Stadtpark, die Rosa Jochmann-Schule in Wien-Simmering (1994), das Hotel Messe Wien (2005) sowie ein Wohnbau in der Mustersiedlung internationaler Architekten in Wien-Hadersdorf (2007).

APA / Comyan / Architekt Hermann Czech/wolfgang

Bekannt wurde Czech auch durch eine Vielzahl von Gastroarchitekturen wie das „Kleine Cafe“ (1970 und 1974), die „Wunder-Bar“ (1976), das „Salzamt“ (1983), das mittlerweile umgestaltete MAK-Cafe (1993), das „Theatercafe“ (1998 und 2010) oder das Weinhaus PUNKT im Südtiroler Kaltern (2005).

Czech absolvierte sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Wien und später an der Akademie der bildenden Künste bei Ernst A. Plischke. Auch Konrad Wachsmann war ein wichtiger Lehrer für Czech, der sich bald als Assistent von Hans Hollein und Johannes Spalt betätigen sollte.

„Architektur wird überschätzt“, hatte Czech 1971 seinen in den „protokollen“ veröffentlichten polemischen Text „Nur keine Panik“ begonnen, in dem er sich gegen eine auf Effekt und Aufmerksamkeit zielende Architekturhaltung wandte, die eigentlich „Öffentlichkeitsarbeit“ sei: „Architektur ist Hintergrund“, so sein einst festgehaltenes Verständnis von seiner Arbeit, die etwa bei Einzelausstellungen in London, Basel und Innsbruck zu sehen war. Erst vor kurzem ging die Ausstellung „Hermann Czech: Ungefähre Hauptrichtung“ im fjk3-Raum für zeitgenössische Kunst am Wiener Franz-Josefs-Kai zu Ende, die Hauptwerke wie auch unverwirklichte Projekte des Architekten zeigte. Abseits der Architekturbiennale im Vorjahr waren Arbeiten von Czech auch 1980, 1991 und 2000 in Venedig vertreten.

Angewandte, Harvard, ETH Zürich

Im Rahmen von Gastprofessuren an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, der Harvard Universität in den USA, an der ETH Zürich oder an der Akademie der bildenden Künste Wien gab er sein Wissen weiter. Zu Czechs zahlreichen kritischen und theoretischen Publikationen zur Architektur gehören „Das Looshaus“ (1976, zusammen mit Wolfgang Mistelbauer) und die 1996 in einer Neuausgabe erschienenen ausgewählten Schriften zur Architektur „Zur Abwechslung“ (1978).

Der Große Österreichische Staatspreis ist bei weitem nicht die erste Auszeichnung für Czech. So wurde ihm etwa 1985 der Preis der Stadt Wien für Architektur, 2001 der Kunstpreis Berlin, 2007 die Goldene Ehrenmedaille der Stadt Wien und 2017 der Hans-Hollein-Kunstpreis verliehen.

Nun kann er auch den Großen Österreichischen Staatspreis sein Eigen nennen. Er wird jährlich in einer nicht näher festgelegten Rotation auf den Gebieten Architektur, Musik, Bildende Kunst oder Literatur vergeben, um ein hervorragendes Lebenswerk oder das außergewöhnliche Werk von jüngeren Künstlerinnen oder Künstlern zu würdigen und ist mit 30.000 Euro dotiert. Czech wird zudem in den Kunstsenat aufgenommen, der sich aus Trägerinnen und Trägern des Großen Österreichischen Staatspreises zusammensetzt. Auf Vorschlags des Senats wird der Preis vergeben. Präsident bis 2027 bleibt Josef Winkler. (APA)

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