Untersuchungskommission

Causa Pilnacek: Die überbewertete Rolle seines Laptops

Christian Pilnacek im September 2019.
Christian Pilnacek im September 2019.Hans Punz / APA
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Der Privatlaptop von Christian Pilnacek und die kompromittierenden Daten, die sich darauf befinden sollen, sind in den vergangenen Tagen hochgeschrieben worden. Für die vom Justizministerium eingesetzte Untersuchungskommission unter der Leitung von Martin Kreutner spielte das Gerät jedoch nur eine untergeordnete Rolle.

„Wir haben einen Laptop bekommen, aber wir können nicht sagen, ob es dieser Laptop war“, sagt Martin Kreutner im Gespräch mit der „Presse“. Der Jurist und ehemalige Dekan der Internationalen Anti-Korruptions-Akademie in Laxenburg (IACA) stand bis Montag jener Kommission vor, die klären sollte, ob es unter dem mittlerweile verstorbenen Sektionschef Christian Pilnacek zur politischen Einflussnahme auf Strafverfahren gekommen war. Das Ergebnis: Interventionen, pseudoamikale Strukturen und Ämterpatronage bzw. zu wenig Abstand zu Politik, Parteien und Medien wurden festgestellt.

Laptop fand keine Erwähnung

230 Seiten ist der Bericht lang, den die Kommission dem Justizministerium vorgelegt hat, 16 Seiten das Handout, das an Journalistinnen und Journalisten verteilt wurde. So gut wie keine Erwähnung fanden bei der Präsentation des Berichtes der Privatlaptop von Christian Pilnacek und die angeblich belastenden Dokumente, die sich darauf befinden. Kreutner bestätigte, Verschlussakten auf dem Gerät gefunden und die Daten additiv verwendet zu haben, „allerdings kann niemand garantieren, dass diese vollständig sind, und gehen wir auch davon aus, dass es noch weitere gibt“.

Nachdem man die Daten aufbereitet habe, seien diese an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übermittelt worden, sagt Kreutner. Die Datenmenge, die bei der Kommission eingelangt sei, bezifferte er mit „zirka 330 Gigabyte“, wobei es sich um unterschiedliche Datenträger, unterschiedliche Dateien und unterschiedliche Quellen gehandelt habe.

Eine dieser Quellen will Peter Pilz gewesen sein. Auf seiner Plattform Zackzack schrieb der ehemalige grüne Nationalratsabgeordnete am 4. Mai, eine Datenkopie an Martin Kreutner übergeben zu haben. Zugleich nahm Pilz eine persönliche Auswertung der Dokumente vor: „Schon beim ersten Durchsehen fällt auf: Viele davon sind Verschlussakten, auf die Pilnacek dienstlich keinen Zugriff gehabt haben sollte. Dokumente und Akten verraten einiges über die Art und Weise, wie Pilnacek in heiklen Angelegenheiten der ÖVP zur Seite stand“, schrieb Pilz.

Sachentziehung bis Hehlerei

Den Anspruch, im Besitz des Laptops zu sein bzw. gewesen zu sein, erhebt aber nicht nur Pilz, sondern auch ein Redakteur der „Kronen Zeitung“. Er will den Laptop angeboten und in einer Anwaltskanzlei im ersten Bezirk übergeben bekommen haben. Geld sei keines geflossen, und auch die Daten seien bereits aufbereitet gewesen, betont der Journalist, der das Gerät laut eigenen Angaben ebenfalls der Kommission von Martin Kreutner zur Verfügung gestellt habe: „Unter anderem übermittelte die ‚Krone‘ den lange verschollenen Privatlaptop Pilnaceks, der über Umwege bei der Zeitung landete, an Kreutner“, hieß es in einem „Krone“-Bericht am vergangenen Sonntag.

Juristen beurteilen den Umstand, dass der Laptop offenbar die Runde gemacht hat, skeptisch. „Die gelindesten Delikte, die hier infrage kommen, sind die dauernde Sachentziehung und die Unterschlagung. Je nachdem, wie jemand an den Laptop gekommen ist, kann es auch sein, dass man sich der Hehlerei schuldig gemacht hat“, erklärt Timo Gerersdorfer. Der Wiener Rechtsanwalt ist auf Strafrecht spezialisiert. „Nicht außer Acht zu lassen sind Datendelikte, also wenn es darum geht, dass sich jemand widerrechtlich Zugang zu fremden Daten verschafft hat“, so Gerersdorfer.

Die Witwe des ehemaligen Justiz-Sektionschefs versucht seit Wochen, Zugriff auf den Laptop ihres verstorbenen Mannes zu erhalten. Der Gerichtskommissär, der die Verlassenschaft abwickelt, hat laut „Presse“-Informationen bereits zwei Mal versucht, den Laptop zu bekommen: einmal gegenüber der WKStA und einmal gegenüber der angeblichen Lebensgefährtin von Christian Pilnacek, Karin W. – beide Male jedoch erfolglos. „Dabei ist es eigentlich klar, dass niemand außer den Erben ein Recht darauf hat, den Laptop zu behalten“, sagt Gerersdorfer.

WKStA weitet Ermittlungen aus

Während das Tauziehen um den Laptop also weitergeht, gibt es rund um die Ermittlungen der WKStA – konkret geht es um die Sicherstellung der persönlichen Gegenstände von Christian Pilnacek kurz nach dessen Tod – eine neue Entwicklung. Die Behörde hat einen weiteren Beamten des Landeskriminalamtes Niederösterreich ins Visier genommen, nämlich jenen Polizisten, der Handy, Brieftasche und Schlüssel des Ex-Sektionschefs beschlagnahmt hatte.

Im Raum steht, dass die Abnahme der Gegenstände rechtswidrig erfolgte, sagt ein Sprecher der WKStA: „Wir ermitteln gegen zwei namentlich bekannte Täter und weitere unbekannte Täter wegen des Vorwurfs des Missbrauchs der Amtsgewalt bzw. Bestimmung dazu.“ Bereits seit Anfang April wird nach mehreren Anzeigen gegen den Mordgruppenleiter im LKA Niederösterreich ermittelt. Er weist sämtliche Vorwürfe zurück. Die Gegenstände wurden von der Polizei abgeholt und wenige Stunden später den Hinterbliebenen von Christian Pilnacek übergeben.

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