Gericht

Auf zwei Wiener Polizisten zugefahren: War es versuchter Mord?

Selbst eine Straßensperre der Polizei (Symbolbild) konnte den nunmehr angeklagten Lenker nicht stoppen.
Selbst eine Straßensperre der Polizei (Symbolbild) konnte den nunmehr angeklagten Lenker nicht stoppen.C. Fabry
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Ein mit einem Aufenthaltsverbot belegter Serbe war voriges Jahr in Wien mit einem Auto auf zwei Polizisten zugefahren. Diese konnten sich retten. Nun stand der 35-Jährige wegen zweifachen Mordversuchs vor Gericht.

Eigentlich hätte sich M. S. (35) an jenem 12. Dezember 2023 gar nicht in Österreich aufhalten dürfen. Der hierzulande vierfach vorbestrafte Serbe ist nämlich mit einem Aufenthaltsverbot für den EU-Raum belegt. Und eigentlich hätte er auch nicht Autofahren dürfen, da er wegen Trunkenheit am Steuer keinen Führerschein mehr hat. Aber all das beeindruckte S. wenig. Am Montag stand er in Wien vor Gericht.

Und da war noch viel mehr: S. ignorierte nicht nur das Aufenthaltsverbot und das Verbot ein Auto zu lenken – er fuhr den Wagen, einen alten schwarzen Jaguar, mit falschen Kennzeichen, hatte freilich auch keine Haftpflichtversicherung, dafür aber einen Joint in der Hand. Letzteres fiel einer Zivilstreife auf. Die beiden Beamten hatten nämlich den typischen Cannabisgeruch gerochen, der aus dem Fahrzeuginneren drang.

Radfahrer durch die Luft geschleudert

Als sie S. kontrollieren wollten, gab dieser Vollgas und lieferte der Polizei eine für andere Verkehrsteilnehmer hochgefährliche Verfolgungsjagd. Er erfasste etwa einen Radfahrer. Dieser wurde durch die Luft geschleudert und erlitt ein Schädeltrauma. Zwei uniformierte Polizisten, die als Verstärkung angefordert wurden und mittels ihres Dienstfahrzeugs eine Straßensperre errichteten, konnten sich retten, als S. an der Ecke Gaudenzdorfer Gürtel/Eichenstraße (Wien-Meidling) auf sie zufuhr.

An dieser Stelle wird es rechtlich interessant: Die Staatsanwaltschaft Wien brachte dieses Verhalten nicht nur als Nötigung, sondern auch als versuchten zweifachen Mord zur Anklage. Dabei erklärte die Staatsanwältin, dass ein sogenannter bedingter Vorsatz genüge, um sich eines Mordes bzw. eines versuchten Mordes schuldig zu machen. Wer es ernstlich für möglich halte, dass er einen Menschen töten werde und sich damit abfinde, sei wegen Mordes zu verurteilen. Es brauche keine Absicht.

Deftige Worte des eigenen Anwalts

Wenig überraschend hielt Verteidiger Rudolf Mayer dagegen. Er nannte seinen eigenen Klienten zwar unumwunden einen „Arschtrottel“, aber S. sei kein Mörder. Zu dieser doch einigermaßen rustikalen Einordnung des 35-Jährigen kam der Anwalt aus folgendem Grund: S. verbüßte bis Anfang des Vorjahres eine mehrjährige Gefängnisstrafe im tschechischen Brünn. Grund dafür: Er hatte ebendort der Polizei eine halsbrecherische Verfolgungsjagd geliefert. Und mehrere Passanten in akute Gefahr gebracht. Der Unterschied zu der Wahnsinnsfahrt von Wien: Damals hatte S. nicht nur einen Joint, sondern einen ganzen Kilo Cannabis, eine Kalaschnikow und mehrere Pistolen im Fahrzeug.

Vor den Geschworenen gab sich S. zerknirscht: „Als die Polizei mich aufhielt, habe ich Panik bekommen und bin davongefahren.“ Die Szene mit der Straßensperre schilderte S. ganz anders als die Staatsanwältin. Zwar hätten die Beamten ihn mit gezogenen Dienstwaffen zum Stehenbleiben aufgefordert, dann aber seien sie von selbst zur Seite gegangen. Dadurch wiederum habe er freie Bahn gehabt und sei weitergerast, ehe er einen Frontalzusammenstoß mit einem Pkw hatte, wodurch eine Mutter und ihr Kind verletzt wurden. Der Prozess wurde vertagt.

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