Klassik

Legendäre „Fünfte Beethoven“: Warum saß Carlos Kleiber an der Pauke?

Dirigent Carlos Kleiber, hier beim ebenfalls legendären Neujahrskonzert 1989.
Dirigent Carlos Kleiber, hier beim ebenfalls legendären Neujahrskonzert 1989.Picturedesk / Ali Schafler
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Vor 20 Jahren starb Carlos Kleiber, vor 50 entstand seine legendäre Aufnahme der Fünften Symphonie von Beethoven mit den Wiener Philharmonikern: Erinnerungen – auch eines Tontechnikers.

Spannender kann man die Musik nicht dirigieren“, resümierte der Rezensent des „Münchner Merkur“. Und Joachim Kaiser, der prominente Kritiker der „Süddeutschen Zeitung“: „Seine Fähigkeit, nicht nur die einzelnen Instrumente, sondern ein ganzes Orchester in mitreißenden Wirbel zu versetzen, ist außerordentlich.“ Enthusiastische Kritiken erntete die Einspielung von Beethovens fünfter Symphonie mit den Wiener Philharmonikern unter Carlos Kleiber. Es sollte der Beginn einer längeren Partnerschaft für die Schallplatte werden. Tatsächlich folgten ihr nur mehr Aufnahmen von Beethovens „Siebter“, der dritten Symphonie, der „Unvollendeten“ von Schubert und der „Vierten Brahms“. Alles Referenzaufnahmen, ohne allerdings den Kultstatus der ersten Beethoven-Einspielung zu erreichen. 

Bereits mit dem Vater von Carlos Kleiber, dem Dirigenten Erich Kleiber, hatten die Wiener Philharmoniker Maßstäbe setzende Produktionen von Mozarts „Le nozze di Figaro“ und dem „Rosenkavalier“ von Richard Strauss vorgelegt. Spätestens seit den 1970ern, in denen er in Bayreuth mit Wagners „Tristan und Isolde“ einen triumphalen Erfolg feierte, war Carlos Kleiber einer der meistumworbenen Dirigenten, galt aber auch als einer der schwierigsten. Lange mussten auch die Wiener Philharmoniker um ihn werben. 

Erst Ende Oktober 1974 kam es zu ersten gemeinsamen Konzerten, zuerst in Bratislava, dann in Göteborg. Bei diesen Auftritten stand als Schlussstück jeweils Beethovens „Fünfte“ auf dem Programm. Dieses Werk hatten der damalige Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker, Paul Walter Fürst, und der Leiter der Produktionsabteilung der Deutschen Grammophon, Hans Hirsch, auch als erste Platteneinspielung mit Carlos Kleiber und den Wienern vereinbart. Begeisterte Kritiken über beide Konzerte schürten die Erwartungen.

Der Tontechniker erinnert sich

Hans-Peter Schweigmann hat als Produzent und Tontechniker bei über 700 Platten und CDs mit den bedeutendsten Interpreten mitgewirkt. Er zählte auch zum Aufnahmeteam bei Kleibers „Fünfter Beethoven“. Bei den Sitzungen (sie fanden bereits vor den ersten Konzerten im März und April 1974 statt) deutete nichts darauf hin, dass diese Aufnahme ein solcher Hit werden würde. Schweigmann: „Die Aufnahme ging los wie jede andere, mit Klangeinstellungen. Wie die Atmosphäre war, ob Kleiber viel oder wenig zu den Musikern gesprochen hat, das habe ich heute nicht mehr in Erinnerung. Sie unterschied sich nicht von anderen.“

Ungewöhnlich war einzig der Beginn der ersten Sitzung: „Kleiber war vielleicht eine halbe Stunde früher im Aufnahmesaal, dem Großen Musikvereinssaal, setzte sich an die Pauken und probierte den Paukenklang allein. Das habe ich bildlich in Erinnerung. Ich habe sonst nie erlebt, dass sich ein Dirigent an die Pauken setzt und probiert.“ Ein kleines Detail, das zeigt, mit welcher Besessenheit Kleiber versuchte, allen Geheimnissen des Klangs auf die Spur zu kommen und auszuloten, wie er am besten diese Magie zum Klingen bringen könnte. Dafür ist die von pulsierender Leuchtkraft und mitreißendem Enthusiasmus bestimmte Einspielung von „Beethoven Fünfter“ ein besonderes Beispiel. Ihre Faszination ist weiterhin ungebrochen, immer wieder wird sie neu aufgelegt. 

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