Replik

Janko Ferks indiskutable Auffassungen

Man kann Verfassungsdienst nicht als „Behörde mit richterlichem Ein­schlag“ einrichten. Diese wurde längst abgeschafft.

In einer Qualitätszeitung erwartet man qualitätsvolle Kommentare, durchaus kontroversieller Meinung, jedoch auf solider Basis. Dies war beim jüngsten Gastkommentar von Janko Ferk, immerhin „Jurist“ und Lektor an einer inländischen Universität, sichtlich nicht der Fall.

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1. Die Auffassung, der Verfassungsdienst gehöre, trotz jahrzehntelanger Einrichtung im Bundeskanzleramt, besser ins Justizministerium, ist durchaus vertretbar – man sollte jedoch hinzufügen, dass dies, in der Regierung Kurz I (unter Justizminister Moser), bereits einmal der Fall gewesen ist.

2. Unerträglich ist jedoch schon der Vorschlag, den Verfassungsdienst gegenwärtig, das heißt im Jahre 2024, als „sogenannte Behörde mit richterlichem Einschlag ein[zu]richten“, wurde doch dieser Behördentyp (Art 20 Abs 2 B-VG idF vor BGBl I 2008/2 iVm Art 133 Z 4 B-VG idF vor dem Inkrafttreten von BGBl I 2012/51) bereits vor zehn Jahren, im Zuge der Einrichtung der Verwaltungsgerichte, abgeschafft!

3. Auch die weiteren Auffassungen sind schlicht indiskutabel:

a) Letztendlich sind zur förmlichen rechtlichen Beurteilung eines Verwaltungs-/Regierungshandelns stets nur die Gerichte (des öffentlichen Rechts bzw. der Justiz) – derzeit freilich in aller Regel nur nachgängig – berufen. Wenn man also eine rasche vorgängige rechtsverbindliche Klärung erstrebte (wie offenbar der Kommentator), so müsste man für die Schaffung einer entsprechenden (allenfalls provisorischen, Eil-)Kompetenz des VfGH plädieren (wenn man nicht, etwa, in Fragen der Außenvertretung, überhaupt eine Kompetenzübertragung – eine Letztentscheidungskompetenz des Bundespräsidenten – erwägen wollte).

b) Weil also keine vorgängige bloß rechtsgutächtliche Instanz einem Bundesminister die Verantwortung für die Bildung seiner eigenen Rechtsansicht darüber, wie seine eigene Zuständigkeit auszuüben sei, abzunehmen vermag, darf – und muss! – dieser, wie auch ein jedes andere verantwortliche Staatsorgan, auch offiziöse Rechtsgutachten, dem Prinzip der materiellen Wahrheit folgend, durch weitere Expertisen überprüfen lassen, wenn er begründete Zweifel an der Schlüssigkeit des offiziösen Gutachtens hegt, ganz abgesehen davon, dass gerade in casu concreto die formale Qualifikation des gegenwärtigen Leiters des VD keineswegs über jener der Verfasser der angesprochenen „Privatgutachten“ gelegen gewesen ist.

Nicht durchwinken

c) Die defätistische „pointierte Redewendung von den zwei Juristen und ihren drei Meinungen“ schließlich ist ohnedies die klassische Rechtfertigung für einen jeden, der am liebsten überhaupt keine rechtlichen Bindungen anerkennen wollte. Die fundamentale (wenn man so will, „diskurstheoretische“) Prämisse eines jeden Rechtsstaats, so auch des unseren, ist vielmehr, dass man es eben gerade in komplizierten Fällen nicht bei einzelnen, punktuellen (einander ohnedies oftmals nur prima facie widersprechenden) Statements belassen darf, sondern eine vertiefte gesamthafte Argumentation nötig ist, in deren Zuge sich dann auch die verbleibenden Differenzen oftmals gänzlich auflösen, jedenfalls aber auf einige wenige werden reduzieren lassen.

4. Wäre es zu viel verlangt, dass künftig die Redaktion Gastkommentare nicht einfach durchwinkte, sondern – im Interesse der Leser – mit ausreichender Sorgfalt prüfte?

Priv.-Doz. Dr. Alexander Balthasar ist Jurist. Favoritenstr. 54/9, 1040 Wien.

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