Hitler-Attentat

20. Juli 1944: Mythos ohne Botschaft

20 Jahre danach: Späte Würdigung durch die offizielle Bundesrepublik.
20 Jahre danach: Späte Würdigung durch die offizielle Bundesrepublik.Alamy
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Die Widerstandsaktion wurde im Lauf der Zeit zurechtgebogen und verwertet, auch als kollektives Alibi für fehlende Aufarbeitung der Vergangenheit.

Im Jahr 1944 gab es 65 Millionen Deutsche, nur ganz wenige davon wollten ihr Leben riskieren, um das herrschende Regime zu stürzen. Nach neuesten Forschungen umfasste der innere Kern der Widerstandsbewegung vom 20. Juli 1944 rund 200 Personen, dazu kam ein Netzwerk von ein paar Tausend. Hitlers Satz von einer „ganz kleinen Clique“ von Offizieren war also eine Lüge. Dennoch war es eine Minderheit, die sich opferte, für eine Tat, die bei den meisten Deutschen nicht populär war, auch später nicht. Was waren die Beweggründe für den gescheiterten Anschlag auf Hitler? Man wollte zeigen, „dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat“. So hat Henning von Tresckow damals die einsame Entscheidung begründet. Es ging also um ein Signal an die Welt, die Nachwelt insbesondere. Ihr Umgang mit den „Vaterlandsverrätern“ war lange Zeit problematisch.

Die Neue Rechte und Stauffenberg

Der 20. Juli, er war „ein schwieriges Datum“, schreibt die Autorin eines bemerkenswerten neuen Buches, „weil er das Märchen vom verführten Volk entlarvte, das von nichts gewusst habe, und weil er zeigte, dass es möglich gewesen wäre, sich anders zu verhalten. Das wollten sich nur die allerwenigsten eingestehen.“  Die Hamburger Journalistin Ruth Hoffmann wählt in ihrem exzellent recherchierten Buch als Hauptthema nicht die Schilderung des Ablaufs der Ereignisse, er ist vielfach dargestellt worden, sondern den Umgang mit den ermordeten Widerstandskämpfern ab 1945. Es ist eine Geschichte „voller Widersprüche, empörender Vereinnahmungen und beschämender Versäumnisse“, schreibt sie im Vorwort. Sie reicht herauf bis zu Helmut Kohl, der in den 1980er-Jahren eine „geistig moralische Wende“ ausrief und sich dabei unter anderem auf die Verschwörer rund um Stauffenberg berief. Heute tun es die AfD und die Neue Rechte. „Sie behaupten, sie stünden in der Tradition Stauffenbergs, weil sie Widerstand gegen ein vermeintlich unfreies System leisten“, so Hoffmann.

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