Naturschutz: Österreich am Pranger

EU. Der Republik drohen hohe Geldstrafen. Der Europäische Gerichtshof hat jetzt Österreich verurteilt.

Wien. Die Umsetzung von „Natura2000“ ist mangelhaft – sechs österreichische Bundesländer erfüllen die Mindesterfordernisse der Europäischen Union nicht: So lautet das Urteil des Europäischen Gerichtshofes am Ende eines jahrelangen Verfahrens, das die EU-Kommission gegen Österreich geführt hat. Damit stellt der EuGH fest, dass Salzburg, Tirol, die Steiermark, Kärnten, Nieder- und Oberösterreich die „Natura2000“-Richtlinien ungenügend umgesetzt haben.

Am Zug sind Bundesländer

Im Verfahren gegen Österreich geht es um die Umsetzung der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). Sie regelt den Schutz von Tier- und Pflanzenarten, deren Lebensräume bedroht oder akut gefährdet sind. Flächen, in denen solche Arten leben, müssen als „Natura 2000“-Gebiete ausgewiesen sind. Hier gilt ein Verschlechterungsverbot des Zustandes des Gebietes und deren Flora und Fauna – wie dies gewährleistet wird, ist im Grunde Sache des EU-Mitgliedlandes; Maßnahmen müssen allerdings mit Brüssel akkordiert werden.

Die Bundesländer müssen die bemängelten Gesetzesstellen ändern – in einigen Monaten ist mit einer erneuten Kontrolle durch die Kommission in Brüssel zu rechnen. Werden dann noch immer Defizite festgestellt, wird der Republik Österreich erneut der Prozess gemacht – diesmal allerdings kostete eine Verurteilung dann tägliche Pönale-Zahlungen – so lange, bis die innerösterreichischen Gesetze dem Stand der EU entsprechen. Es wäre nicht das erste Urteil dieser Art: So hatte Griechenland wegen einer illegalen Deponie auf Kreta bis zu deren Sanierung täglich 20.000 € Buße bezahlen müssen.

Nächstes Urteil droht

Im konkreten Fall sehen die Richter des Luxemburger Gerichtshofes als erwiesen an, dass die sechs genannten Bundesländer die FFH-Richtlinien mangelhaft bis gar nicht erfüllen. Die Hauptpunkte, mit denen das Urteil begründet wird:

Tirol gewährleiste nicht, dass eine Verschlechterung in den ausgewiesenen Gebieten vermieden werden kann.

In Kärnten, Tirol, Salzburg, Niederösterreich und in der Steiermark wiederum ist der Artenschutz zu schwach formuliert.

In Niederösterreich kommt noch dazu, dass die Landesgesetze zu wenig Maßnahmen vorsehen, um zu verhindern, dass nicht heimische Arten in Natura-Gebieten angesiedelt werden können.

Kritisiert werden vor allem die Jagd- und Naturschutzgesetze der Länder.

Koordiniert wird Naturschutz – und damit auch die österreichischen „Natura 2000“-Gebiete – vom Umweltministerium, die rechtliche und faktische Umsetzung liegt allerdings in der Kompetenz der Länder. Reinhard Mang, Generalsekretär des Ministeriums: „Ich gehe davon aus, dass EU-Recht von den Ländern umgesetzt wird.“

Ein direktes Druckmittel hat der Bund nicht, indirekt allerdings schon: die Verhandlungen um den Finanzausgleich.

Weiteres Ungemach droht: In Luxemburg ist eine Klage wegen der österreichischen Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie anhängig. Mit einem Urteil (und sehr wahrscheinlich mit einer Verurteilung Österreichs) wird schon innerhalb der nächsten Wochen gerechnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2007)

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