Auch aufs Stockwerk kommt es an

VORSORGEWOHNUNG. Das günstige Erdgeschoß rechnet sich mehr als die Luxusetage.

Die Immobilienkrise spüren sie nicht, der Absturz von Immo-Aktien geht an ihnen vorbei. Vorsorgewohnungen in Österreich gelten als „sicherer Hafen“ für die privaten Pfründe. Und doch kann ein Investment kentern, trifft man die falschen Entscheidungen. Daher sollte schon im Vorhinein klar sein, was man mit der Wohnung anfangen will. Das zukünftige Wohnobjekt für die heranwachsenden Kinder muss andere Anforderungen erfüllen als die reine Geldmaschine.

Wer auf Letzteres aus ist, kauft sich eine Wohnung, in der er vielleicht selbst gar nicht leben wolle. Zum Beispiel eine im ersten Stock. „Die ist viel billiger als eine im fünften Stock mit Terrasse – aber die Miete dafür ist nicht so viel niedriger“, erklärt Karl Derfler von der BA-CA Real Invest. „Für die Vermietung ist das Stockwerk irrelevant.“ Im Klartext: Die scheinbar ungünstigere Wohnung trägt eine höhere Rendite – Jahresmieteinnahmen im Verhältnis zum Kaufpreis – und das ist alles, was bei einer Geldmaschine zählt. Eine Anlegerwohnung muss in erster Linie dem Mieter gefallen, nicht dem Eigentümer.

Vorsicht bei Rendite-Versprechen

Vorsicht ist jedoch bei Offerten geboten, die die Mieteinnahmen überschätzen und den Leerstand der Wohnung gar nicht einkalkulieren. Ein Vergleich mit einem Mietspiegel lohnt sich. „Wir geben bewusst keine Renditen an“, sagt Derfler. Denn diese ließen sich langfristig schwer abschätzen. Derzeit spülen Anlagewohnungen laut Immobilien.net jährlich spärliche 4,5 Prozent des Investments in die Kassen. „Aber man hat Substanz“, betont Derfler. In guten Gegenden steige zudem der Wert der Wohnung. „Dabei sollte man in zehn oder 20 Jahren denken.“

Eine „gute Lage“ sei keineswegs eine Luxuslage, sagt Michael Ehlmaier von CPB. „In Luxuslagen werden Liebhaberpreise bezahlt, sie eignen sich nur fürs Eigenheim.“ Schließlich gilt, auch beim Standort der Vorsorgewohnung, aufstrebende Gegenden zu wählen. Dazu zählen laut Ehlmaier die Wiener Bezirke 12, 13, 18, 19 sowie innerhalb des Gürtels der vierte bis siebente und der neunte Bezirk – wobei es in den inneren Bezirken kaum noch Grundstücke zum Bau von Vorsorgewohnungen gibt.

„Vor fünf Jahren hätte es noch Plätze gegeben, auf denen man keinesfalls bauen sollte. Aber heute diskutiert man schon alles, weil es wenig Angebot gibt“, meint Derfler. Und die Randbezirke? „Transdanubien wäre interessant, aber die Anleger sind noch nicht reif dafür.“ Als Anbieter müsse man daher vorausdenken, und abschätzen, wo die Mieter in Zukunft leben wollen.

Eine Vorsorgewohnung hat klassischerweise zwischen 40 und 70 Quadratmeter, zwei Zimmer, und eine „vernünftige“ Ausstattung: Küche, Bad, Waschmaschinen- und Internet-Anschluss. Eine gute Infrastruktur ist ein Muss, Neubau ist Standard.

Auch im Altbau gibt es Angebote, wenngleich viele davon abraten. Denn die Miethöhe im Altbau ist gesetzlich beschränkt. „Ich kann diese Bedenken nicht teilen“, entgegnet Stefan Rakowsky von der CPI, die sich auf Altbau-Vorsorgewohnungen in guten Lagen „zwischen Ring und Gürtel“ spezialisiert hat. „Einen Altbau zu vermieten ist leichter, denn ein Gründerzeithaus aus 1860 empfinden alle als schön.“ Zwar gäbe es Richtwerte für die Miethöhe, doch können auch Aufschläge verrechnet werden. „Für die muss man etwas bieten.“ Deshalb wird ein Haus komplett saniert, die Wohnungen verfügen über ein Marmorbad und schöne Parkettböden. Aber übermäßiger Luxus rechnet sich auch hier nicht.

Riskant: Wohnung in Eigenregie

Wer auf der Suche nach einer Vorsorgewohnung ist, sollte Angebote vergleichen. Banken haben Vorsorgewohnungen bereits im Standard-Repertoire. Schließlich ist die Finanzierung das Wichtigste an der Wohnung (siehe nebenstehenden Artikel) und die Banken schießen klassischerweise zwei Drittel bis drei Viertel des Kaufpreises in Kreditform zu. Dafür schnüren diverse Anbieter „Sorgenfrei-Pakete“, bei denen alles aus einer Hand kommt: Finanzierung, Steuerberatung, Objektsuche, Mietersuche und Hausverwaltung.

Freilich, richtige „Schnäppchen“ lassen sich dabei kaum machen. Wer das Abenteuer und eine hohe Rendite bei hohem Risiko sucht, sollte sich selbst um alles kümmern. „Zwar hat man Chancen auf mehr Rendite, aber nicht, wenn man seine Arbeitszeit rechnet. Manche kaufen sich eben gerne Arbeit“, meint Derfler.

RISIKO BEI EIGENREGIE

Vorsorgewohnungen gibt es fast immer nur im Verbund mit vollem Service. Die Chance auf höhere Renditen hat aber, wer sich selbst um Vermietung und Verwaltung kümmert. Freilich, das Hauptrisiko bleibt: der Leerstand.

Leer stehendeWohnungen können ein Loch in den Finanzplan reißen, der ja auf Mieteinnahmen baut. Vorsorgepakete funktionieren daher fast immer mit einem Mietenpool. Wenn eine Wohnung im Haus leer steht, bekommt der Eigentümer dennoch eine Zahlung. Die Miteigentümer gleichen das solidarisch aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2007)

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