Armeechef Prayuth Chan-ocha hat sich einen Tag nach dem Umsturz zum Regierungschef erklärt und geht nun gegen das Umfeld der gestürzten Regierung vor.
Einen Tag nach dem Putsch in Thailand ließ die Armee die bereits Anfang Mai abgesetzte Regierungschefin Yingluck Shinawatra verhaften. Man habe "Yingluck, ihre Schwester und ihren Schwager verhaftet", bestätigte ein hoher Militär am Freitagnachmittag der Nachrichtenagentur Reuters. Auch die Verwandten von Yingluck hatten bis zum Umsturz eine wichtige Rolle in der thailändischen Politik gespielt.
Zuvor hatte sich Armeechef Prayuth Chan-ocha persönlich an die Regierungsspitze gesetzt. Der Vorsitzende des Militärrats übernehme die Regierungsverantwortung, so lange kein neuer Ministerpräsident im Amt sei, hatte die Armee mitgeteilt.
Ein paar hundert Demonstranten haben in Bangkok am Freitag gegen den Militärputsch demonstriert. Sie verstießen mit ihrer Kundgebung gegen die drakonischen Auflagen des Militärs, das jede Versammlung von mehr als fünf Menschen verboten hat. Die Leute hielten am Kulturzentrum Schilder mit der Aufschrift in Thai und Englisch hoch: "Nein zum Putsch".
Noch für den Verlauf des Freitags war eine Audienz des neuen Machthabers bei König Bhumibol Adulyadej in dessen Palast südlich von Bangkok angesetzt. Wenn der König sozusagen auch öffentlich seinen Segen zur Machtergreifung des Militärs gibt, hätte das starke symbolische Bedeutung und würde die neuen Machthaber ein Stück weit legitimieren, wobei Beobachter ohnehin nicht annehmen, dass der Putsch ohne Wissen des Palastes geschehen ist.
Keine Rede von Rückkehr zu Demokratie
Wann ein neuer ziviler Regierungschef ernannt werden soll oder wann es Wahlen gibt, dazu hat sich Prayuth bisher nicht geäußert. Von einer baldigen Rückkehr zur Demokratie war in seinen ersten Dekreten keine Rede. Prayuth hatte die Macht ohne Waffengewalt am Donnerstag übernommen. Vermittlungsgespräche zwischen den zerstrittenen politischen Lagern waren gescheitert.
Nach dem der Militärrat am Freitag mehr als 100 Politiker und Aktivisten einbestellt hatte, herrschte zunächst Rätselraten über Yinglucks Schicksal. Zuletzt hatte man sie gesehen, als sie sich zu einem Armeestützpunkt begab, in dem sich auch Putsch-General Prayuth aufhielt. Ob es dort zu einer direkten Begegnung kam, war vorerst nicht bekannt. Gegen mindestens 156 Menschen aus dem Umfeld der abgesetzten Regierung verhängten die Militärs eine Ausreisesperre.
Unter den Einbestellten waren auch der nach Verkündung des Putsches am Donnerstag zunächst untergetauchte amtierende Regierungschef Niwatthamrong Boonsongpaisan und Angehörige von Ex-Regierungschef Thaksin Shinawatra, dem im Exil lebenden Bruder Yinglucks, Mitglieder der bisherigen Regierungspartei und Anführer des pro- und anti-Regierungslagers. Niwatthamrong Boonsongpaisan hat sich inzwischen der Armee gestellt.
Thaksin ist seit fast 15 Jahren einer der einflussreichsten Politiker Thailands. Er wurde als Regierungschef 2006 selbst vom Militär gestürzt. Er flüchtete vor einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs ins Exil und dirigiert von dort die Partei. Er lebt überwiegend in Dubai.
Die Lage in der Millionenmetropole Bangkok war ruhig. Über Nacht galt im ganzen Land eine Ausgangssperre. Auf den Straßen der Innenstadt waren kaum Soldaten zu sehen. Schulen und Universitäten waren geschlossen. Die notorisch verstopften Straßen waren leerer als sonst, vergleichbar mit Feiertagsverkehr.
Politiker und Aktivisten in Gewahrsam
Zahlreiche Politiker und Aktivisten sind bereits in Armeegewahrsam. Prayuth hatte sie am Donnerstag zu einem letzten Vermittlungsgespräch gebeten. Die Zeitung "Nation" zitierte Teilnehmer, die über den Ablauf folgendes berichteten: Prayuth habe den amtierenden Justizminister gefragt, ob die Regierung zum freiwilligen Rücktritt bereit sei.
"Zu diesem Zeitpunkt wird die Regierung nicht zurücktreten", habe Chaikasem Nitisiri geantwortet. "Dann entscheide ich zu diesem Zeitpunkt, die Macht zu ergreifen", habe Prayuth geantwortet. Er habe Gesprächsteilnehmer aus den Reihen der Wahlkommission und des Senat abziehen lassen und alle anderen von Soldaten an einen Armeestandort bringen lassen. Unter den Festgehaltenen waren Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva sowie die Anführer der Protestbündnisse für und gegen die Regierung, Jatuporn Prompan und Suthep Thaugsuban.
(APA/dpa)