Putin durchbricht seine Isolation

Putin durchbricht seine Isolation
Putin durchbricht seine IsolationAPA/EPA (JACEK TURCZYK)
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Russlands Staatschef sprach bei der D-Day-Feier mit Obama, Merkel, Hollande, Cameron und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko. In Wien wird für ihn am 24.Juni der rote Teppich ausgerollt.

Paris/Wien. Beim Gruppenfoto mieden sie noch die Nähe. Doch dann sprachen US-Präsident Barack Obama und Kreml-Chef Wladimir Putin am Rande der pompösen D-Day-Feier in der Normandie doch noch zehn Minuten miteinander. Es war ihre erste direkte Begegnung seit Ausbruch der Ukraine-Krise.

Bedeutsamer vielleicht noch war ein anderes Vieraugengespräch. Während im Schloss Benouville alle auf den verspäteten Obama warteten, gelang dem Gastgeber, Frankreichs Präsidenten François Hollande, und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Coup. Sie brachten Putin und den neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zusammen. Dank der deutsch-französischen Vermittlung sprachen die beiden fast eine Viertelstunde miteinander. Sie sollen vereinbart haben, in den nächsten Tagen die Diskussion über eine Feuerpause in der Ostukraine fortzusetzen.

Reuters

Putin-Botschafter bei Poroschenko

Zur Inauguration Poroschenkos, die am heutigen Samstag in Kiew über die Bühne geht, will Putin einen Botschafter schicken. Das ist eine Form der Anerkennung, die Russland der neuen ukrainischen Führung bisher vorenthalten hat. Kommt nun Tauwetter? Poroschenko kündigte an, einen Friedensplan vorstellen zu wollen.

Das Eis scheint zu schmelzen. Das war schon am Donnerstagabend zu erkennen. Mit größter Selbstverständlichkeit hatte Zeremonienmeister Hollande seinen russischen Gast begrüßt und unter vier Augen zu einer Diskussion empfangen. Schon das allein stellte einen kleinen Sieg für den russischen Präsidenten dar. Noch am Tag zuvor hatten ihn die G7-Staaten, inklusive Frankreich, mit neuen Sanktionen bedroht. Obama sagte im Voraus, er wolle Putin in der Normandie tunlichst meiden. Doch der russische Präsident war schließlich der begehrteste Gesprächspartner von allen. Auch der britische Premier, David Cameron, und die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, ließen es sich nicht nehmen, mit Putin unter vier Augen zu reden. Merkel verbrachte schließlich eine Stunde mit dem russischen Problembären.

In den französischen Medien hatte Putin mit einer Charmeoffensive Punkte gewonnen. Im Voraus hatte er erklärt, er werde in Ouistreham „niemandem aus dem Weg gehen und mit allen reden“. Und er bekundete sein Interesse an weiteren Rüstungsgeschäften mit Frankreich. Paris steht derzeit unter US-Druck, weil es zwei Mistral-Hubschrauberträger nach Russland liefern will.

Pilz kritisiert Putin-Visite in Wien

Vor diesem Hintergrund wirkt es dann auch nicht mehr als Tabubruch, dass Österreichs Bundespräsident, Heinz Fischer, den Kreml-Chef am 24.Juni empfangen wird. Bisher stehen nur zwei Termine fest. Putin wird außer seinem Gastgeber auch Bundeskanzler Werner Faymann treffen. Anvisiert wird auch eine Begegnung mit Didier Burkhalter, dem derzeitigen Schweizer Vorsitzenden der in Wien ansässigen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

In der Präsidentschaftskanzlei freut man sich, dass der Putin-Besuch in Österreich auf „positives Echo“ stoße. Doch nicht alle sind begeistert. Es sei nicht besonders gut, Putin in der jetzigen Situation zu empfangen, sagte der grüne Abgeordnete Peter Pilz zur „Presse“. Österreich öffne dem russischen Präsidenten eine Hintertür. Besser wäre es, wenn die internationalen Organisationen und die EU geschlossen mit ihm sprächen. Letztlich stärke der Wien-Besuch die Position Putins. Es wäre nicht verwunderlich, würden österreichische Firmen dafür mit Aufträgen belohnt, prophezeite Pilz. Außenminister Kurz verteidigte Fischer: Es gehe bei dem Putin-Besuch darum, Gesprächskanäle zu öffnen, sagte er zur „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2014)

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