Konjunktur: Frankreich bremst die Eurozone aus

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Auch im Juni verliert die Erholung in Europa an Schwung. In Frankreich schrumpfen die Aufträge sogar – während Deutschland weiter robust dasteht.

Wien. Der wirtschaftliche Aufschwung in der Eurozone gerät zunehmend ins Stottern – und in Frankreich ist die Lage besonders alarmieren. Im Juni verlor die Konjunkturerholung in Europa zum zweiten Mal in Folge an Schwung. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft der Europäischen Währungsunion fiel im Juni um 0,7 auf 52,8 Punkte.

Der Einkaufsmanagerindex wird vom Markit-Institut in einer Umfrage unter 5000 Firmen erhoben und gilt als wichtigster Indikator für die Entwicklung der Nachfrage. Nach dem neuerlichen Rückgang im Juni befindet sich der Index auf dem niedrigsten Stand seit einem halben Jahr.

Frankreich schrumpft . . .

Trotz des Rückgangs blieb das Barometer aber über der kritischen Marke von 50 Zählern. Ein Wert über 50 zeigt an, dass die Aufträge zunehmen. Noch ist die Lage also nicht hoffnungslos. „Die Eurozone ist im zweiten Quartal so stark gewachsen wie seit drei Jahren nicht mehr“, sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson, der mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,4 Prozent rechnet. „Dass das Barometer jedoch zum zweiten Mal hintereinander nachgab, deutet darauf hin, dass dem Aufschwung ein wenig die Puste ausgeht.“

Das Hauptproblem sei die große Kluft innerhalb der Währungsunion. In Frankreich schrumpften die Geschäfte der Privatwirtschaft im Juni bereits den zweiten Monat in Folge. Sowohl das produzierende Gewerbe als auch der Dienstleistungssektor haben mit sinkenden Auftragszahlen zu kämpfen. Der Einkaufsmanagerindex für Frankreichs Industrie steht bei 47,8 (nach 49,6 im Mai) und jener für den Dienstleistungssektor bei 48,2 (nach 49,1).

„Unternehmen und Verbraucher sind nicht überzeugt davon, dass die Regierung in Frankreich das wirtschaftliche Umfeld verbessern kann“, sagte Williamson. „Die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der französischen Unternehmen scheint auch bei einem schwächeren Euro fortzubestehen und substanziellerer Natur zu sein“, sagte BayernLB-Experte Stefan Kipar.

Diese Meinung teilt auch die französische Großbank BNP Paribas: Die Geldpolitik sei nicht das Hauptproblem für die französische Wirtschaft, so BNP-Experte Dominique Barbet. Französische Politiker hatten wiederholt eine Lockerung der Geldpolitik gefordert.

. . . aber Deutschland wächst

Besser läuft es beim östlichen Nachbarn. „Wie bereits seit Jahresbeginn setzte die deutsche Wirtschaft ihr kräftiges Wachstum auch im Juni fort“, sagte Markit-Ökonomin Pollyanna De Lima. Der Auftragseingang blieb hoch, was sich auch im anhaltenden Beschäftigungsaufbau widerspiegelte. Die Industrie gewann sogar etwas an Fahrt. „Die Industriebetriebe profitierten erneut von der starken Exportnachfrage innerhalb Europas“, sagte De Lima. Auch aus dem Nahen Osten und Asien seien mehr Bestellungen eingetroffen.           (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2014)

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