Bundespräsident Heinz Fischer erwartet, dass sich die Koalitionsparteien von nun an "zusammenreißen". Auch hochrangige Politiker von SPÖ und ÖVP mahnen ein Ende der wechselseitigen Blockade(n) ein.
Wien. Die nächste Wahl könnte die „Erfolgsstory" der Großen Koalition beenden, befürchtet Bundespräsident Heinz Fischer angesichts der Regierungskrise. Das wäre ein „beachtlicher Einschnitt", sagte Fischer im Interview mit den Bundesländerzeitungen - und verwies dabei auf die Entwicklung Österreichs in der Nachkriegszeit. Noch bestehe Grund zur Hoffnung: „Aus Gründen der Vernunft und der politischen Logik glaube ich, dass sich SPÖ und ÖVP zusammenreißen und nicht ihr Glück in Neuwahlen suchen werden", so das Staatsoberhaupt.
Schon jetzt beobachte er Bestrebungen Einzelner, wieder auf Kurs zu kommen. „Die Regierung wird ihre Produktivität noch erhöhen und an ihrem Außenauftritt arbeiten müssen", so Fischer in Richtung Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger.
Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) meldete sich gestern zum Regierungsstreit zu Wort - einmal mehr. Dieses Mal appellierte der aktuelle Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz an die Spitzen von SPÖ und ÖVP, in der Steuerreformdebatte das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. In einer Erklärung vor dem Bundesrat forderte er die Koalitionsparteien dazu auf, „mit gutem Willen aufeinander zuzugehen und vermeintliche Grundsätze einer besseren Entwicklung zu opfern".
Kaisers Zick-Zack-Kurs
Dabei hob Kaiser das „Gemeinsame" in der Steuerfrage hervor: Klar sei, dass die Österreicher mehr Netto vom Brutto haben sollen, dass man den Faktor Arbeit entlasten wolle und dass man die Kaufkraft steigern wolle. Daraus ergebe sich „mathematisch logisch", dass man für eine Senkung des Eingangssteuersatzes eintrete.
Diese versöhnlichen Töne kamen insofern überraschend, als der Kärntner Landeshauptmann erst Anfang Juni gemeint hatte, die SPÖ solle die Koalition beenden, wenn sich die ÖVP weiterhin einer Steuerreform im nächsten Jahr verweigere. Vergangene Woche empfahl Kaiser dann, die Grünen in die Bundesregierung zu holen, um die rot-schwarze Blockade aufzulösen.
Auch der Präsident des Gewerkschaftsbundes mischte sich am Donnerstag in die Debatte ein. Er begreife nicht, „warum die Regierung die Riesenchance nicht erkennt, die sich ihr in einer Steuerreform bietet", sagte Erich Foglar dem „Kurier". Bisher werde SPÖ und ÖVP zu recht vorgeworfen, nur kleine Schritte zu machen, eine Reform aber wäre nicht nur ein großes Projekt, sondern auch „wirtschaftspolitisch dringend nötig", mahnte er zu einem Ende des „Hickhacks". Die Zeit dränge, so Foglar: Wenn man 2015 keinen Steuerreformbeschluss zusammenbringe wird sich die Frage stellen: „Wie soll dann überhaupt noch etwas gelingen?"
Ähnlich sieht die Lage auch Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP). „Die Regierung streitet zu viel", analysierte er in „News". Dass die Bevölkerung darauf verärgert reagiere, sei verständlich. Bei allen Differenzen glaubt er dennoch an eine Lösung im Steuerstreit, mit einer Neuwahl rechnet Pühringer aber nicht: „Wer kann das wollen? Ich mach doch nicht Wahlen, um der Opposition einen Dienst zu erweisen."
Leitl sorgt sich um Kaufkraft
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl wiederum ärgerte sich im „Standard" über die „übermäßig hohe Progression" und verwies darauf, dass der Konsum im Vorjahr erstmals zurückgegangen sei: „Das ist für mich ein Alarmsignal. Man muss alles tun, um die Kaufkraft zu stärken." Dabei sei den Leuten „wurscht, was man 2015 oder 2016 tun kann. Sie fragen zu Recht: Was könnt ihr jetzt tun?"
(hell/APA)